Mittwoch, 14. November 2012

Kochi: Fisch, Kultur und Gute Laune...

Ein richtig guter Start...


Da waren wir nun also, am suedlichsten Punkt unserer Reise, und auch gleichzeit dem suedlichsten Bundesstaat Indiens – Kerala. Wir beschlossen uns zunaechst fuer ein paar Tage in Kochi zu niederzulasen, bevor wir weiter gen Sueden zu den beruehmten Backwaters aubrechen wollten. Kochi’s Stadtviertel sind geteilt durch einen riesigen See, der mit dem Meer verbunden ist (hier beginnen auch bereits die Backwaters). Weg vom turbulenten Stadtkern “Ernakulem” zog es uns ins touristischere, aber schoenere und gelassenere Viertel “Fort Kochi”. Und was wir vorfanden stimmte uns sofort sehr positiv: ein vertraeumter kleiner Ort am Arabischen Meer, umringt von unglaublich viel Wasser, viel Gruen, etlichen Palmen und total froehlichen Menschen. Die Einwohner sind hier tatsaechlich viel entspannter als im Rest des Landes. Jeder scheint immer gute Laune zu haben, man sieht die meisten Leute stendig lachen – niemand jammert und keiner der Haendler versucht offen einen ueber’s Ohr zu hauen… einfach eine zutiefst aufrichtige Freundlichkeit und Zufriedenheit. Schoen… Die gute Seele der Bewohner wird noch unterstrichen, indem es Moslems, Christen, Hindus und Juden hier tatsaechlich schaffen es friedlich und bunt gemischt auf wenigen km2 miteinander aushalten. Wo gibt’s das denn sonst?

Unser Freddy (2. v.l.) und sein Kollege
Zu unseren extrem positiven ersten Eindruecken kam auch direkt unser einmaliges Zimmer im “Princess Inn”. Es war einfach riesig gross (eigentlich war es fuer 3 Leute), mit richtig hohen Decken und in perfekter Lage: nur 2 Minuten vom Wasser und den beruehmten Chinesichen Fischernetzen entfernt! Ein Traum! Und der beste Manager unserer ganzen Reise, Freddy. Er erinnerte mich ein wenig an den jungen Eddie Murphy, also ein absoluter Strahlemann und die Hilfsbereitschaft in Person, nur mit seinen Restaurant-Empfehlungen lag er ab und zu mal daneben – falls ihr in Kochi seid, das “Talk of the Town” wuerde ich nicht empfehlen, denn da sprudelt der gegorene Ketchup aus der Flasche :)… 

A pro pos Essen – da erwartete uns ja noch das Beste! Ok, dass es am Meer ohne Ende Fisch und Meeresfruechte gibt ist jetzt nicht so die grosse Ueberraschung. Aber hier in Kochi konnte man sich seinen Fisch vom Fischer kaufen, und dann bei den umliegenden Restaurants nach seinen Herzenswuenschen zubereiten lassen – die beste Idee ueberhaupt!
Diese ganzen Argumente (aber vor allem das tolle Zimmer) veranlassten uns schliesslich dazu, uns fuer unseren gesamten Kerala-Aufenthalt in Kochi zu ‘stationieren’, und die anderen Orte von hier aus zu erkunden…

Vorher

Nachher! Yum!



Die Chinesischen Fischernetze

Das sind sie!
A pro pos Fisch und Fischer – das Wahrzeichen von Kochi sind die Chinesischen Fishernetze, die fuer eine uralte traditionelle Art des Fischfanges genutzt werden… Wie so viele schoene Traditionen wird jedoch auch diese von der Industriefischerei verdraengt, da der menschliche Arbeitsaufwand sehr hoch ist. Aber da kann euch Tim mehr dazu erzaehlen :)

So, ich werd mich dann auch mal versuchen eine Geschichte spannend zu verpacken… Ich hatte diese Chinesischen Fischernetze schon in einer Doku gesehen und wollte natuerlich herausfinden wie das so funktioniert. Dann bin ich einfach mal morgens um 6 los und hab gefragt ob ich ein bisschen helfen kann. Die Fischer freuten sich! Ich wurde kurz eingewiesen, und sollte beim Hochziehen der Netze zu helfen. Wow, man braucht min. 4-6 Leute um die hochzubekommen – das war ein echter Kraftakt! Netze runterlassen, und wieder hochziehen, und das im 5 Minuten Takt! Puh... Allerdings war das Wasser voll mit schwimmenden Pflanzen, und so mussten wir nach 2 Durchgaengen Pause machen – also ab zum Chai-Mann und chillen :) Der ideale Platz um mehr ueber die Fischer und ihr Leben zu erfahren. Ein paar spannende Stories waren da dabei…

Beim Hochziehen der Netze
Die Ausbeute bei jedem Fisch-Durchgang war leider nicht so prall: ca. 10 – 20 Sardinen-grosse Fische, und ab und zu mal ein Groesserer. Und dafuer der ganze Auwand? Aber mir wurde erklaert dass die Saison erst im Dezember beginnt, und dann gibts wohl auch mehr zu fangen. Der ganze Morgen war dann sehr schwerfaellig (wegen den vielen Pflanzen) und ich bin um 11Uhr gegangen, nachdem ich nun Experte in alter Chinesischer Fischkunst war, und mich sehr gut mit den Fischern ‘angfreundet’ hatte (ich war jetzt sozusagen einer von ihnen) – was mir spaeter noch zum Verhaengnis werden sollte, hehe…

So sind Claudi und ich am spaeten Nachmittag durchs Dorf gelaufen, und auf einmal kam uns die ganze Crew entgegen und lud uns ein Einen saufen zu gehen, da sie Feierabend hatten und es zudem ein Feiertag war. Ich konnte natuerlich nicht Nein sagen und endete in einer Bar im Hinterzimmer mit Flaschen Whiskey und Bier. Dann musste jder der Reihe nach ein Lied singen und es ging echt laut her, haha… Ich war dann aber dankbar als Claudi mich nach einer Stunde abgeholt hat (sie ist vorher noch schnell gefluechtet, da sie sich nicht ganz so wohl fuehlte unter den ganzen besoffenen Fischer-Maennern)… Strange, aber eine super Erfahrung!


Etwas Kultur…

Typisches Kathakali-Kostuem
Abgesehen von den vielen – auch fuer uns Laien echt beeindruckenden – Kuenstler- und Handwerksstaetten ist Kochi vollgepackt mit allen moeglichen Aktivitaeten, die uns Touris eine Kostprobe der einheimischen Kultur geben sollten. Egal wo man hinging, in irgendeiner Ecke des Ortes fand man Auffuehrungen mit klassischer indischer Musik, dem keralischem Ausdruckstanz “Kathakali” oder traditionellem Suedindischen Kampfsport. Wir dachten uns dass wir unser Backpacker-Dasein vielleicht mal mit etwas hoeherer Kultur aufpolieren sollten, und sahen uns die Kathakali-Tanzshow an. Im Prinzip ist das ein Mix aus Schauspiel, Tanz, Musik und Ritualen. Die Kuenstler haben aufwendig und bunt bemalte Gesichter und erzaehlen alte Geschichten aus dem Hindu-Reich. Das Publikum war gemischt, aber bestand doch vermehrt aus reiferen Damen und Herren. Und da tapste ich doch direkt in ein Fettnaepfchen – oder besser gesagt: in die weisse Kreidemalerei, die die Kuenstler direkt vor der Buehne auf den Boden gemalt hatten! Wow, da erntete ich Schelte und boese Blicke von dem Paerchen aus der ersten Reihe. ‘Schrecklich, diese jungen Kunstbanausen heutzutage’ wollten mir diese Blicke sagen… Das war doch keine Absicht!! Und ich war gottseidank nicht die einzige, hehe…

Fuer den strapazierten Koerper kann man sich bei einer Ayurveda-Behandlung verwoehnen lassen oder beim Yoga seine innere Mitte und Balance finden. Letzteres wuerde ich allerdings hier nicht empfehlen, sonst findet ihr eure innere Mitte vielleicht durch einen Bandscheibenvorfall! Ich quaelte mich tatsaechlich um 6.30 Uhr (morgens!) aus dem Bett. Wir mussten zunaechst eine viertel Stunde auf die Yoga-Lehrerin warten, die uebrigens in einem Sari erschien (ich fragte mich bereits wie man darin wohl ordentlich Yoga machen kann). Als wir den dunklen Raum betraten stellte sich mir die naechste Frage: Wo sind die Yogamatten?? Gab es nicht! Wir lagen also direkt auf dem harten, knarzenden Holzboden. Dann fing die kleine, leicht fuellige Dame an, und das Unheil nahm seinen Lauf. Sie beherrschte ihren Koerper zwar unerwartet gut, versuchte uns aber zu Posen zu bringen, die KEINESFALLS fuer einen Anfaenger geeignet sind. Ein Yoga-Lehrer muss doch sehen wo die Grenzen sind! Sie sah das leider nicht, und drueckte unsere Beine weiter ueber unseren Kopf, dabei unsere “Au, auuuu” voellig ignorierend! STOP young lady, so geht das nicht! Eigentlich haette ich gar nichts bezahlen sollen, aber dazu bin ich leider nicht hart genug. Also merkt euch: Yoga im Kathakali Centre in Fort Kochi – lieber nicht!


Das Einheimische Leben


Photo, photo!!! Da wollen sie nun unbedingt
geknippst werden und dann wird nicht mal
ordentlich gegrinst (zumindest die eine)
Zugegeben, danach musste ich erst ein wenig suchen, denn Fort Kochi war schon sehr touristisch. Aber ich habe dann doch ein paar unschlagbare Methoden entdeckt, um einmal keine (oder wenige) weisse Gesichter um mich herum zu haben, und so dem einheimischen Leben etwas naeher zu kommen.

1. Einfach mal loslaufen, ohne sich ein direktes Ziel zu setzen. Am besten in Richtungen, die auf den ersten Blick nicht so schoen oder spannend aussehen. So bin ich direkt im Schulbezirk gelandet, habe beim Musik-Training fuer eine Schulauffuehrung zugeschaut, durch die Fenster den Unterricht verfolgt, und wurde nach Schulschluss von lachenden Schulmaedchen ueber meine Herkunft, Namen etc. geloechert. Lustig :)




2.     Ein Fahrrad ausleihen! Wow, warum bin ich da noch nicht eher drauf gekommen?? Ich besorgte mir ein schickes, klapperndes, indisches Rad und konnte so bequem den ganzen Ort erkunden. So wird man ausserdem laestige Tuktuk- und Taxi-Fahrer los, die Einem sonst staendig irgendwelche Stadttouren anbieten wollen. Alle Einheimischen staunen zuerst, dann winken und freuen sich (das machen hier wohl nicht so viele verwoehnte Touris :))

3.       Einmal mit den Einheimschen aufstehen (sehr frueh!) und morgens in die oeffentlichen Verkehrsmittel setzen (in diesem Fall die Faehre). So fuehlt man sich mitten drin, und irgendwie dazu gehoerig, vor allem wenn man bereits alle Wege kennt, und sich einfach ganz selbstverstaendlich mit der Masse mitbewegt.

Auf meinem Luxus-Drahtesel...
4.       Der gute alte Chai-Stand! An fast jeder Strassenecke gibt es irgendwo einen kleinen Stand der Tee (Chai) und kleine Snacks verkauft. Dort kommt man wirklich IMMER mit Einheimischen ins Gespraech. Mir wurde u.A. das Geheimnis eines guten Chais gezeigt, und ich habe gelernt dass Jura-Studenten in Indien ganz schoen faul sind, und lieber den ganzen Tag am Chai-Stand statt in der Uni abhaengen… “Law in India is easy”, sagten sie. – “Haha, ja kann ich mir vorstellen: ein bisschen Geld hier und ein paar Scheine da und der Fall ist geritzt, ne ;)


Kochi Revue…

Es ist zwar super schoen, aber nach ein paar Tagen reicht es dann auch. Ist eben doch alles sehr sehr touristisch hier, und besonders viele aeltere europaeische Touristen zieht es hier her (natuerlich ging die Saison nun auch langsam los). Das ist auch nicht verwunderlich: hier ist alles schoen, sauber und easy-going, nicht so hart wie z.B. im Norden Indiens. Es gibt viel Kulturelles, viele kleine Kunsthandwerke, ueberall Spa- und Ayurveda-Verwoehn-Oasen, und viele super schicke Hotels und Restaurants… Also wenn ich 50 oder 60 waer wuerde ich mich hier auch pudelwohl fuehlen –  Wink mit dem Zaunspfahl liebe Eltern ;)


Fuer uns hatte das allerdings jetzt einige Nachteile…

Streetfood, yay!!!
1.       Das Essen war teurer, und man musste schon suchen um mal ein kleines einheimisches Lokal oder Streetfood-Staende zu finden (dafuer besser mit der Faehre nach Ernakulem fahren)…

2.       Auch die Shops waren teurer als gewohnt, natuerlich verdient, denn die Qualitaet war sicherlich besser, aber fuer unseren kleinen Backpacker-Geldbeutel doch etwas zu viel… Die aeltere Generation ist ja meist gewillt etwas tiefer in die Tasche zu greifen, und das sind die Inder hier eben auch gewohnt…

3.       Man musste auch ein wenig suchen um das richtige einheimische Leben zu finden – obwohl es gar nicht so weit entfernt war, aber man war die ersten Tage irgendwie gefangen in der Touristenfalle und in Indien war 1 Woche Urlaub, d.h. es war auch voll mit reichen indischen Touristen)…


Das gilt alles fuer ‘Fort Kochi’, der touristische Teil von Kochi. Aber im bunten Wirrwarr vom Stadtteil Ernakulem koennte ich mir durchaus vorstellen fuer 1 – 2 Monate zu leben… Augen auf fuer ein Praktikum beim Kerala Tourist Office (Scherz)…

Alles in allem war Kochi trotzdem super und die perfekte Basis um die umliegenden Schaetze Keralas zu erkunden…

Sunset.... Namaste...



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