Ein richtig guter Start...
Da waren
wir nun also, am suedlichsten Punkt unserer Reise, und auch gleichzeit dem
suedlichsten Bundesstaat Indiens – Kerala. Wir beschlossen uns zunaechst fuer
ein paar Tage in Kochi zu niederzulasen, bevor wir weiter gen Sueden zu den
beruehmten Backwaters aubrechen wollten. Kochi’s Stadtviertel sind geteilt
durch einen riesigen See, der mit dem Meer verbunden ist (hier beginnen auch bereits
die Backwaters). Weg vom turbulenten Stadtkern “Ernakulem” zog es uns ins
touristischere, aber schoenere und gelassenere Viertel “Fort Kochi”. Und was
wir vorfanden stimmte uns sofort sehr positiv: ein vertraeumter kleiner Ort am
Arabischen Meer, umringt von unglaublich viel Wasser, viel Gruen, etlichen
Palmen und total froehlichen Menschen. Die Einwohner sind hier tatsaechlich
viel entspannter als im Rest des Landes. Jeder scheint immer gute Laune zu
haben, man sieht die meisten Leute stendig lachen – niemand jammert und keiner
der Haendler versucht offen einen ueber’s Ohr zu hauen… einfach eine zutiefst
aufrichtige Freundlichkeit und Zufriedenheit. Schoen… Die gute Seele der
Bewohner wird noch unterstrichen, indem es Moslems, Christen, Hindus und Juden hier
tatsaechlich schaffen es friedlich und bunt gemischt auf wenigen km2 miteinander aushalten. Wo
gibt’s das denn sonst?
Unser Freddy (2. v.l.) und sein Kollege |
Zu unseren
extrem positiven ersten Eindruecken kam auch direkt unser einmaliges Zimmer im
“Princess Inn”. Es war einfach riesig
gross (eigentlich war es fuer 3 Leute), mit richtig hohen Decken und in perfekter
Lage: nur 2 Minuten vom Wasser und den beruehmten Chinesichen Fischernetzen
entfernt! Ein Traum! Und der beste Manager unserer ganzen Reise, Freddy. Er erinnerte
mich ein wenig an den jungen Eddie Murphy, also ein absoluter Strahlemann und die
Hilfsbereitschaft in Person, nur mit seinen Restaurant-Empfehlungen lag er ab
und zu mal daneben – falls ihr in Kochi seid, das “Talk of the Town” wuerde ich
nicht empfehlen, denn da sprudelt der gegorene Ketchup aus der Flasche :)…
A pro pos Essen – da erwartete uns
ja noch das Beste! Ok, dass es am Meer ohne Ende Fisch und Meeresfruechte gibt
ist jetzt nicht so die grosse Ueberraschung. Aber hier in Kochi konnte man sich
seinen Fisch vom Fischer kaufen, und dann bei den umliegenden Restaurants nach
seinen Herzenswuenschen zubereiten lassen – die beste Idee ueberhaupt!
Diese
ganzen Argumente (aber vor allem das tolle Zimmer) veranlassten uns
schliesslich dazu, uns fuer unseren gesamten Kerala-Aufenthalt in Kochi zu
‘stationieren’, und die anderen Orte von hier aus zu erkunden…
Vorher |
Nachher! Yum! |
Die Chinesischen Fischernetze
Das sind sie! |
A pro pos
Fisch und Fischer – das Wahrzeichen von Kochi sind die Chinesischen
Fishernetze, die fuer eine uralte traditionelle Art des Fischfanges genutzt
werden… Wie so viele schoene Traditionen wird jedoch auch diese von der
Industriefischerei verdraengt, da der menschliche Arbeitsaufwand sehr hoch ist.
Aber da kann euch Tim mehr dazu erzaehlen :)
So, ich
werd mich dann auch mal versuchen eine Geschichte spannend zu verpacken… Ich
hatte diese Chinesischen Fischernetze schon in einer Doku gesehen und wollte
natuerlich herausfinden wie das so funktioniert. Dann bin ich einfach mal
morgens um 6 los und hab gefragt ob ich ein bisschen helfen kann. Die Fischer freuten
sich! Ich wurde kurz eingewiesen, und sollte beim Hochziehen der Netze zu
helfen. Wow, man braucht min. 4-6 Leute um die hochzubekommen – das war ein
echter Kraftakt! Netze runterlassen, und wieder hochziehen, und das im 5
Minuten Takt! Puh... Allerdings war das Wasser voll mit schwimmenden Pflanzen,
und so mussten wir nach 2 Durchgaengen Pause machen – also ab zum Chai-Mann und
chillen :) Der
ideale Platz um mehr ueber die Fischer und ihr Leben zu erfahren. Ein paar
spannende Stories waren da dabei…
Beim Hochziehen der Netze |
Die
Ausbeute bei jedem Fisch-Durchgang war leider nicht so prall: ca. 10 – 20 Sardinen-grosse
Fische, und ab und zu mal ein Groesserer. Und dafuer der ganze Auwand? Aber mir
wurde erklaert dass die Saison erst im Dezember beginnt, und dann gibts wohl auch
mehr zu fangen. Der ganze Morgen war dann sehr schwerfaellig (wegen den vielen
Pflanzen) und ich bin um 11Uhr gegangen, nachdem ich nun Experte in alter
Chinesischer Fischkunst war, und mich sehr gut mit den Fischern ‘angfreundet’
hatte (ich war jetzt sozusagen einer von ihnen) – was mir spaeter noch zum Verhaengnis
werden sollte, hehe…
So sind
Claudi und ich am spaeten Nachmittag durchs Dorf gelaufen, und auf einmal kam uns
die ganze Crew entgegen und lud uns ein Einen saufen zu gehen, da sie
Feierabend hatten und es zudem ein Feiertag war. Ich konnte natuerlich nicht Nein
sagen und endete in einer Bar im Hinterzimmer mit Flaschen Whiskey und Bier.
Dann musste jder der Reihe nach ein Lied singen und es ging echt laut her, haha…
Ich war dann aber dankbar als Claudi mich nach einer Stunde abgeholt hat (sie
ist vorher noch schnell gefluechtet, da sie sich nicht ganz so wohl fuehlte unter
den ganzen besoffenen Fischer-Maennern)… Strange, aber eine super Erfahrung!
Etwas Kultur…
Typisches Kathakali-Kostuem |
Abgesehen
von den vielen – auch fuer uns Laien echt beeindruckenden – Kuenstler- und
Handwerksstaetten ist Kochi vollgepackt mit allen moeglichen Aktivitaeten, die
uns Touris eine Kostprobe der einheimischen Kultur geben sollten. Egal wo man
hinging, in irgendeiner Ecke des Ortes fand man Auffuehrungen mit klassischer
indischer Musik, dem keralischem Ausdruckstanz “Kathakali” oder traditionellem
Suedindischen Kampfsport. Wir dachten uns dass wir unser Backpacker-Dasein
vielleicht mal mit etwas hoeherer Kultur aufpolieren sollten, und sahen uns die
Kathakali-Tanzshow an. Im Prinzip ist das ein Mix aus Schauspiel, Tanz, Musik
und Ritualen. Die Kuenstler haben aufwendig und bunt bemalte Gesichter und
erzaehlen alte Geschichten aus dem Hindu-Reich. Das Publikum war gemischt, aber
bestand doch vermehrt aus reiferen Damen und Herren. Und da tapste ich doch
direkt in ein Fettnaepfchen – oder besser gesagt: in die weisse Kreidemalerei,
die die Kuenstler direkt vor der Buehne auf den Boden gemalt hatten! Wow, da
erntete ich Schelte und boese Blicke von dem Paerchen aus der ersten Reihe.
‘Schrecklich, diese jungen Kunstbanausen heutzutage’ wollten mir diese Blicke
sagen… Das war doch keine Absicht!! Und ich war gottseidank nicht die einzige,
hehe…
Fuer den
strapazierten Koerper kann man sich bei einer Ayurveda-Behandlung verwoehnen
lassen oder beim Yoga seine innere Mitte und Balance finden. Letzteres wuerde
ich allerdings hier nicht empfehlen, sonst findet ihr eure innere Mitte
vielleicht durch einen Bandscheibenvorfall! Ich quaelte mich tatsaechlich um
6.30 Uhr (morgens!) aus dem Bett. Wir mussten zunaechst eine viertel Stunde auf
die Yoga-Lehrerin warten, die uebrigens in einem Sari erschien (ich fragte mich
bereits wie man darin wohl ordentlich Yoga machen kann). Als wir den dunklen
Raum betraten stellte sich mir die naechste Frage: Wo sind die Yogamatten?? Gab
es nicht! Wir lagen also direkt auf dem harten, knarzenden Holzboden. Dann fing
die kleine, leicht fuellige Dame an, und das Unheil nahm seinen Lauf. Sie
beherrschte ihren Koerper zwar unerwartet gut, versuchte uns aber zu Posen zu
bringen, die KEINESFALLS fuer einen Anfaenger geeignet sind. Ein Yoga-Lehrer
muss doch sehen wo die Grenzen sind! Sie sah das leider nicht, und drueckte
unsere Beine weiter ueber unseren Kopf, dabei unsere “Au, auuuu” voellig
ignorierend! STOP young lady, so geht das nicht! Eigentlich haette ich gar
nichts bezahlen sollen, aber dazu bin ich leider nicht hart genug. Also merkt
euch: Yoga im Kathakali Centre in Fort Kochi – lieber nicht!
Das Einheimische Leben
Photo, photo!!! Da wollen sie nun unbedingt geknippst werden und dann wird nicht mal ordentlich gegrinst (zumindest die eine) |
Zugegeben,
danach musste ich erst ein wenig suchen, denn Fort Kochi war schon sehr
touristisch. Aber ich habe dann doch ein paar unschlagbare Methoden entdeckt,
um einmal keine (oder wenige) weisse Gesichter um mich herum zu haben, und so
dem einheimischen Leben etwas naeher zu kommen.
1. Einfach mal loslaufen, ohne sich ein
direktes Ziel zu setzen. Am besten in Richtungen, die auf den ersten Blick
nicht so schoen oder spannend aussehen. So bin ich direkt im Schulbezirk
gelandet, habe beim Musik-Training fuer eine Schulauffuehrung zugeschaut, durch
die Fenster den Unterricht verfolgt, und wurde nach Schulschluss von lachenden
Schulmaedchen ueber meine Herkunft, Namen etc. geloechert. Lustig :)
2. Ein Fahrrad ausleihen! Wow, warum
bin ich da noch nicht eher drauf gekommen?? Ich besorgte mir ein schickes,
klapperndes, indisches Rad und konnte so bequem den ganzen Ort erkunden. So
wird man ausserdem laestige Tuktuk- und Taxi-Fahrer los, die Einem sonst
staendig irgendwelche Stadttouren anbieten wollen. Alle Einheimischen staunen
zuerst, dann winken und freuen sich (das machen hier wohl nicht so viele
verwoehnte Touris :))
3. Einmal mit den Einheimschen
aufstehen (sehr frueh!) und morgens in die oeffentlichen Verkehrsmittel setzen
(in diesem Fall die Faehre). So fuehlt man sich mitten drin, und irgendwie dazu
gehoerig, vor allem wenn man bereits alle Wege kennt, und sich einfach ganz
selbstverstaendlich mit der Masse mitbewegt.
Auf meinem Luxus-Drahtesel... |
4. Der gute alte Chai-Stand! An fast
jeder Strassenecke gibt es irgendwo einen kleinen Stand der Tee (Chai) und
kleine Snacks verkauft. Dort kommt man wirklich IMMER mit Einheimischen ins
Gespraech. Mir wurde u.A. das Geheimnis eines guten Chais gezeigt, und ich habe
gelernt dass Jura-Studenten in Indien ganz schoen faul sind, und lieber den
ganzen Tag am Chai-Stand statt in der Uni abhaengen… “Law in India is easy”,
sagten sie. – “Haha, ja kann ich mir vorstellen: ein bisschen Geld hier und ein
paar Scheine da und der Fall ist geritzt, ne ;)”
Kochi Revue…
Es ist zwar
super schoen, aber nach ein paar Tagen reicht es dann auch. Ist eben doch alles sehr sehr touristisch hier, und besonders
viele aeltere europaeische Touristen zieht es hier her (natuerlich ging die
Saison nun auch langsam los). Das ist
auch nicht verwunderlich: hier ist alles schoen, sauber und easy-going, nicht
so hart wie z.B. im Norden Indiens. Es gibt viel Kulturelles, viele kleine
Kunsthandwerke, ueberall Spa- und Ayurveda-Verwoehn-Oasen, und viele super
schicke Hotels und Restaurants… Also wenn ich 50 oder 60 waer wuerde ich mich
hier auch pudelwohl fuehlen – Wink mit
dem Zaunspfahl liebe Eltern ;)
Fuer uns hatte
das allerdings jetzt einige Nachteile…
Streetfood, yay!!! |
1. Das Essen war teurer, und man musste
schon suchen um mal ein kleines einheimisches Lokal oder Streetfood-Staende zu finden
(dafuer besser mit der Faehre nach Ernakulem fahren)…
2. Auch die Shops waren teurer als gewohnt,
natuerlich verdient, denn die Qualitaet war sicherlich besser, aber fuer
unseren kleinen Backpacker-Geldbeutel doch etwas zu viel… Die aeltere Generation
ist ja meist gewillt etwas tiefer in die Tasche zu greifen, und das sind die
Inder hier eben auch gewohnt…
3. Man musste auch ein wenig suchen um
das richtige einheimische Leben zu finden – obwohl es gar nicht so weit
entfernt war, aber man war die ersten Tage irgendwie gefangen in der
Touristenfalle und in Indien war 1 Woche Urlaub, d.h. es war auch voll mit
reichen indischen Touristen)…
Das gilt
alles fuer ‘Fort Kochi’, der touristische Teil von Kochi. Aber im bunten
Wirrwarr vom Stadtteil Ernakulem koennte ich mir durchaus vorstellen fuer 1 – 2
Monate zu leben… Augen auf fuer ein Praktikum beim Kerala Tourist Office
(Scherz)…
Alles in
allem war Kochi trotzdem super und die perfekte Basis um die umliegenden
Schaetze Keralas zu erkunden…
Sunset.... Namaste... |
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