Freitag, 26. Oktober 2012

Kolkata - Die Stadt der Freude... na mal sehen ;)


Kolkata by night vom 10. Stock
Unser Abstecher in die zweitgroesste Stadt Indiens war eigentlich nicht geplant, denn der Ruf Kolkata’s ist ja nicht der beste (bekannt fuer seine vielen Slums). Aber nachdem uns Simon (unser Reisekumpan aus Darjeeling) erzaehlt hatte wie lecker dort das Essen ist, mussten wir zwei Foodies uns das doch einmal anschauen. Praktischerweise hat es uns auch den weiten Weg vom hohen Norden nach Mumbai aufgeteilt. Und es hat sich gelohnt…



Die ersten Schritte im Grossstadtdschungel…

Taxi, Taxi ;)
Am Bahnhof von Kolkata erwartete uns ersteinmal etwas sehr sehr Ungewohntes: eine Reihe von… Taxis! Also, ich meine so richtige Taxis. Wo sind denn die ganzen Tuktuk’s hin? Hmmm… Okay, dann also mal wieder Auto fahren. Wir handelten einen zufriedenstellenden Preis aus, und ab ging die Fahrt ins Backpacker ‘Ghetto’ (laut Lonely Planet) Sudder Street. Jetzt aber mal ehrlich Herr und Frau Lonely Planet, man kann es jetzt auch uebertreiben… Zugegeben, wir haben uns dort schon ziemliche Abstellkammern angeschaut, aber die haben eben auch nur 2-3 Euro die Nacht gekostet, also perfekt fuer den richtig krassen Budget-Traveller… Wir haben uns aber dann doch lieber dazu entschieden uns mal etwas besseres zu goennen, und fanden in der gleichen Gegend das ‘Galaxy Hotel’, ein gemuetliches Guesthouse mit einem riesigen, blitzeblank sauberen Zimmer und ganz witzigen aelteren indischen Herrschaften als Besitzer… Das fing schon einmal gut an…


Menschenmassen quetschen sich in einen Shop...
und es ist nur ein Klamottenladen!!! Also nicht der
Kickstart des neuen iPhones oder so... crazy
Spaeter stuerzten wir uns direkt ins Getuemmel vom ‘New Market’, der direkt bei uns um die Ecke war… Ihr dachtet Shopping in der letzten Woche vor Weihnachten wer stressig und ueberfuellt? Ha, na dann kommt mal an einem beliebigen Wochentag zum New Market in Kolkata! MenschenMASSEN ueberall!!! Von allen Seiten schubste es, und die Leute zertraten sich fast um einen Fuss in eines der tausend fancy Geschaefte zu setzen… Krass! Und neben den fancy Geschaeften gab es auch noch einen Irrgarten von Shopping Malls, ueberdachten Maerkten, und unendlich viele Strassenstaende, die alle so ziemlich das Gleiche verkauften… Puh! Also die Bewohner von Kolkata scheinen ihr Geld viel und gerne auszugeben. Von ueberall blinkte Werbung und leuchteten Kinoplakate, und es gab unzaehlige Coffee Shops, Mc Donald’s & Co und Bars oder Pubs… Jaja, Kolkata wird wohl nicht umsonst die “City of Joy” genannt…
Alles voll Werbung... und Spiderman am Geruest im Hintergrund


Die Bruecke des Schreckens…

Der Hooghly River, der durch Kolkata fliesst
Nachdem wir uns die ganze Pracht der britischen Kolonialbauten angeschaut haben – Kolkata war zunaechst der Hauptsitz der englischen Kolonialmaechte – wollten wir dann doch mal wieder etwas indisches sehen. Wir brachen also auf Richtung “Mullik Ghat”, eine heilige Badestelle fuer Hindus, neben der sich einer der groessten Blumenmaerkte Asiens befindet. Die Metrofahrt dorthin meisterten wir ohne grosse Probleme. Es macht einen doch immer ein klein bisschen stolz wenn man so ganz selbstverstaendlich in oeffentliche Verkehrsmittel steigt :) Von der Station aus waren es noch ca. 30 Minuten Fussmarsch entlang einer riesigen, mit Strassenhaendlern gesaeumten Allee. Und dann – endlich da, ein Torbogen truf die Aufschrift ‘Mullik Ghat’. Der Himmel hatte sich inzwischen ganz still und heimlich mit dichten grauen Wolken zugezogen… “Egal, es regnet ja eh immer nur ein paar Minuten”, dachten wir… Vor uns war eine lange Schlange von Hindus, die sich alle auf einer winzig kleinen Bruecke stauten, die wohl der einzige Uebergang zum Ghat zu sein schien. “Willst du dich da jetzt echt anstellen?!”, grummelte Tim. Natuerlich wollte ich das, schliesslich sind wir nicht umsonst so weit gefahren! Hm… Manchmal sollte ich wohl lieber auf das Grummeln meines Freundes hoeren ;)

So haben wir uns nach der Bruecken-
Action gefuehlt...
Wir standen bereits ganz oben auf der Bruecke, voellig eingequetscht zwischen den Indern, als es ploetzlich begann zu schuetten wie aus Eimern! Nichts ging mehr, weder vor noch zurueck, noch zur Seite… Doch, nach vorne ging es dann, Alles schubste sich mit Wucht in Richtung der Stufen die von der Bruecke hinabfuehrten. Ich versuchte dagegen zu halten, denn obwohl ich auch nach unten wollte, wollte ich lieber laufen als fallen! Aaaah, Stop! Ein Gefuehl von Platzangst stieg in mir empor und irgendwie dachten wir direkt an die eingequetschten Leute von der Loveparade vor 2 Jahren… Gottseidank hatten wir dann doch mehr Glueck und kamen unversehrt, aber voellig durchnaesst und geschwaecht auf der anderen Seite an… Und es regnete immer noch in Stroemen! Da es so nicht wirklich Spass machte den Hindus beim Beten zuzuschauen, oder die zermatschten Blumen zu sehen, wollten wir nur noch eins: Schnell zurueck!!! Pitschnass vesuchten wir also ein Taxi zu bekommen – und kein einziges hielt an!! Gibt’s das denn?! Normalerweise werden wir alle 100 Meter angequatscht “Taxi, taxi, Tuk Tuk, Indian Helicopter”…. Und jetzt??? Nix… Ok, also hiess es dann eben doch laufen, und uns eine endlose halbe Stunde (oder mehr) durch Menschenmassen und Bazaare schlaengeln. Naja, wenigstens draengelten die Leute diesmal weniger – wahrscheinlich wollten sie sich nicht an uns nass machen :) Ein super netter Tee-Verkaeufer waermte uns zwischendurch mit einem brodelnden Chai (Tee mit Milch) auf – dann war auch alles nur noch halb so schlimm und wir stiegen endlich in die (eiskalte, klimatisierte) U-Bahn…


Kulinarische Highlights

Und rein mit dem Reis mit Sosse! Yum
Hmmmmm, also Simon hatte bezueglich des leckeren Essens nicht zuviel versprochen! Wir hatten dort mit Abstand das beste Streetfood, und auch die kleinen einheimischen Restaurants waren toll! Das Beste: Man durfte dort Alles mit den Fingern essen (auch den Reis!), Besteck gab es gar nicht. Super, endlich das machen, was Mutti frueher immer verboten hat :) Zuerst fuehlt es sich echt seltsam an mit der nackten Hand in den Reis zu tauchen, aber nach ein zwei mal macht es enorm Spass! Besonders den Reis mit der Sosse zu vermatschen, und dann... ab in den Mund! Ein tolles Erlebnis sein Essen vorher zu fuehlen, das erweitert die Sinne und es schmeckt 100mal besser… Und die bengalische Kueche war koestlich, anders als traditionell indische Gerichte: Immer noch gut scharf, aber gemischt mit einer leichten Suesse. Und es war viel leichter, die Sossen nicht so reichhaltig und oelig, dass man sich mit Mitte 20 schon Sorgen um sein Herz machen muss. Und es gab ueberall Fisch (Suesswasser) und Shrimps! Yum! 

An unserem Lieblingsstand - der Koch
brutzelt gerade unsere Kimchee Noodles
Aber das groesste Highlight war mal wieder das Streetfood! Und davon gibt es in Kolkata reichlich, schliesslich ist die ganze Stadt eine einzige Zusammenreihung aus Bazaaren und Strassenhaendlern… Es war so spannend sich einfach nur durch die verschiedenen Staende zu ‘snacken’! Ueberall gab es etwas Neues, und fuer den Geldbeutel war es natuerlich auch gesund – die meisten kleinen Gerichte kosteten nicht mehr als 30 – 50 cent. Gut, fuer eine richtige Mahlzeit musste man dann schon tiefer in die Tasche greifen und bis zu 1 Euro bezahlen ;) Direkt um die Ecke von unserem Hotel fanden wir dann auch schnell unseren Stammstand, an dem wir jeden Abend gegessen haben. Tim’s absolutes Favourite dort waren gebratene Nudeln mit Kimchee – traditionell koreanisch eingelegter, sehr scharfer Weisskohl. (Da es so viele Chinesen und Koreaner gibt die nach Kolkata reisen, ist das Essen auch entsprechend darauf abgestimmt). Die Besitzer des Standes waren auch mal wieder super! Unser grosser Tip: Das Essen ist die einfachste und schoenste Art in direkten Kontakt mit Einheimischen zu kommen, besonders wenn man eben immer wieder kommt…


Der geilste Studiengang der Welt

Das ist .... nicht Josh ;) nur einer der lustigen Typen vom
Food-Stand wo wir ihn getroffen haben
Das Essen ist nicht nur der beste Weg Einheimische kennenzulernen, sondern auch andere Traveller. Eines Abends sassen wir an unserem Lieblings-Streetfood Stand und haben Josh getroffen, einen Amerikaner, der Teaching-Assistant bei der coolsten Uni der Welt ist! Sie ist in Kalifornien und bietet ein kulturelles Studium an, das 5 Monate reisen durch 10 verschiedene Laender beinhaltet! Wie bitte? Das ist ja wohl mal richtig genial! Die Studenten reisen quasi um die ganze Welt, u.a. eben auch Indein. In jedem Land haben sieca. 2 Stunden Vorlesung, und dann machen sie Freiwilligendienst in lokalen Hilfsorganisationen. So lernen sie Sprache, Kultur, Religion etc. hautnah kennen und arbeiten mit tollen Projekten zusammen. Wow! Mit 40 Leuten um die ganze Welt, wenn das nicht mal heftig ist… und am Ende hat man auch noch einen tollen Abschluss, der einen in der heutigen Gesellschaft wohl weit bringen duerfte… Da muesste man mal mehr darueber herausfinden, so etwas gehoert definitiv auch nach Deutschland!


Und noch mehr nette Begegnungen…

Am letzten morgen – wir waren wieder einmal beim Essen – lernten wir noch Hermann und Dagmar kennen. Die zwei sind ein froehliches und aufgeschlossenes Lehrer-Ehepaerchen aus Muenchen. Obwohl da natuerlich ein gewisser Altersunterschied vorhanden war, haben wir uns toll mit ihnen unterhalten. Sie befinden sich gerade auf einer 1-jaehrigen Weltreise!!! Wow! Sie hatten viele spannende und witzige Stories fuer uns auf Lager… Haha, und Tim hat sich ein wenig in Hermann wieder gefunden, und ich mich in Dagmar: Die Maenner motzen ueber die Hitze und lange Fussmaersche, und die Frauen ueberreden sie dann irgendwie doch :) Und die beiden haben uns zu einer grossartigen Erkenntnis gebracht: Laengere und abenteuerliche Reisen wie diese gehoeren nicht der Vergangenheit an sobald man Kinder bekommt und im Berufsleben steckt! Die beiden sind stets ihrem Backpacker-Stil treu geblieben, auch als die Kinder dann da waren. Zwei gute Vorbilder sind das, da kann es ja bald losgehen mit der Familienplanung ;)


Kolkata – unser Fazit…

Wir lieben Kolkata! Dafuer dass es ein ungeplanter Zwischenstop war, entpuppte es sich doch als eine meiner Lieblingsstaedte. Es dauert zwar eine Weile, und am Anfang ist man von den vielen Menschen etwas erschlagen, aber nach ein bis zwei Tagen mochten wir diesen Grossstadtwirbel sehr gern. Man hat einen guten Mix aus moderner Metropole und indischem Trubel. Es gibt zwar natuerlich arme Menschen, und auch ein paar reiche, aber die meisten Leute auf der Strasse befinden sich in der gesunden Mitte – und das hat man nicht oft in Indien…

Immer am Laecheln und stolz auf sein Essen...
Kolkata ist nicht sehr touristisch, die meisten ‘Weissen’ die hier her kommen bleiben einige Zeit, fuer ein Praktikum oder Volunteering, oder eben fuer laenger zum Leben und Arbeiten… Zuerst hatte man auch den Eindruck, dass die Einheimischen Touristen nicht so sehr moegen, und die ersten 2 Tage waren ziemlich anstrengend… Aber vielleicht war das auch unsere Muedigkeit und Planlosigkeit :) Denn dann realisierten wir, wie freundlich eigentlich alle sind, und wir haben tolle Menschen getroffen. Jeder, den man nach dem Weg fragte, war immer wahnsinnig hilfsbereit. Die Verkaeufer von den Food stalls waren so herzlich und auch immer sehr stolz auf ihre Arbeit. Alle behandeln einen zuvorkommend auf eine (gefuehlt) sehr sehr ehrliche Weise, was unser Herz fuer die Inder nach Erfahrungen wie Varanasi um einiges hoeher schlagen liess :) Danke Kolkata….

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Cooling Down in Darjeeling


Endlich da! ... Oder doch nicht?


Puh! Nach 18 Stunden auf dem Bahnhof, und noch einmal 19 Stunden Zugfahrt oben drauf, stolperte unser lustiges 6er Gespann um 9 Uhr morgens aus dem Zug – hinein in die Hitze! Aber in Darjeeling sollte es doch eigentlich kuehl sein, oder? Ha, aber wir waren ja noch gar nicht in Darjeeling, denn das lag ja noch eine 3-stuendige Jeepfahrt von uns entfernt! Was soll’s, nach dieser langen Reise ist das doch ein Klacks, und schoen gemuetlich im Auto, das konnte schon nicht so schlimm sein... :)... Meine Gedanken waren wohl ein wenig optimistisch. Die Jeep-Fahrer nutzen gern jeden Milimeter ihres Fahrzeuges aus – mehr Mitfahrer, mehr Kohle, klar. So sassen wir insgesamt zu elft in einem Wagen, der eigentlich maximemal fuer 8 bequem waere, ich mit den drei Jungs auf der Hinterbank! Gemuetlich ist dabei relativ. Die Entfernung nach Darjeeling betrug 70km, nun koennt ihr euch vielleicht vorstellen wie diese aussah, wenn man dabei 3 Stunden braucht und ueber 2000 Hoehenmeter ueberwindet... Die arme Adina leidet an Reisekrankheit – wie hat sie diese Fahrt nur ueberstanden??? Aber auch Siena und ich „fuhren“ noch ein paar Stunden weiter, auch nachdem wir bereits ausgestiegen waren...


Ein ganz neues Klima... Und Berge...

Ueber den Wolken, aiaiai...
Es dauerte noch ein wenig bis wir dann so richtig in Darjeeling ankamen, und realisieren konnten wo wir waren. Was wir aber sofort realisierten war: es war um einiges kaelter! Den guten Tim hat das natuerlich riesig gefreut :) Okay, ich fand’s auch mal ganz angenehm. Tagsueber waren meist ca. 20 Grad –also Zeit fuer den Winterpullover! Ha, hat sich doch gelohnt das Zeug mit nach Indien zu nehmen! Und nachdem wir unser Hotelzimmer gesehen haben sind wir auch direkt losgezogen um zwei Decken zu kaufen, denn das Bettzeug war, wie soll ich es sagen, ein wenig feucht. Also haben wir uns dann nachts schoen in unsere brandneuen Fleece-Decken gekuschelt (das machte dann auch die steinharten Matratzen fast zu einem Himmelbett). Der spaete Monsun war wohl mal wieder Schuld an dem Schlamassel. Genau deswegen stand man draussen auch oefters mal in einer Dunsthaube, sozusagen direkt in den Wolken – hatte irgendwie auch was. Schade war nur, dass man normalerweise um diese Zeit jeden Tag klare Sicht auf die umliegenden gruene Berge, Teeplantagen, und die schneebedeckten Spitzen Indiens hoechsten Berges Kangchendongze (8586 m) – und sogar die des Mt. Everest – haben sollte... Naja, man kann eben nicht alles haben... 


Yaaaaay, die Spitzen der Welt
Und unsere Traum-Aussicht auf die Spitzen der Welt haben wir schliesslich auch noch bekommen, bei einem (sehr) frueh morgendlichem Ausflug zum Aussichtspunkt „Tiger Hill“: Um 4:30 Uhr (!) brachen Simon, Tim und ich auf zum Jeep-Parkplatz, dann ca. 45 Minuten bergauf, und da waren wir... Mit ca. 200 anderen Touristen... Das schadete aber der Stimmung und der Schoenheit dieses Ortes keineswegs. Als die Sonne aufging und die Strahlen ueber die Berge streiften brachen alle in Jubel aus... Hach, mei war des schein... Auf den Rueckweg machten wir uns dann zu Fuss! Ja richtig, Timmy ist mit uns wandern gegangen! Geschlagene 3 Stunden. Angetrieben von mir – und vom Gedanken an ein riesiges Fruehstueck in unserem Lieblings-Fruehstuecksort ;)


Sind wir noch in Indien?

Nicht nur dass kuehle Klima, die Hoehenluft und die Atmosphaere eines Bergdorfes der suedlich Alpen – auch die Menschen sahen komplett anders aus! Das ganze haengt viel mit Darjeelings Geschichte zusammen, denn der Ort gehoerte nicht immer zu Indien. Es gab viel politisches Hin und Her (womit ich euch jetzt nicht langweilen moechte), und als die Englaender den Ort uebernahmen und die Teeplantagen eroeffneten kamen viele Nepalesen und Tibetaner als Arbeiter. Diese Voelker praegen nun hauptsaechlich das Bild von Darjeeling – und diese Menschen sind einfach super! Sooo freundlich, und zwar auf eine ganz andere, zurueckhaltendere Weise als der Rest der Inder. Stets ein warmherziges, leicht schuechternes Laecheln auf den Lippen... Man fuehlte sich wirklich wie in einem anderen Land...

So richtig indisch, wie wir es kannten, sahen lediglich die indischen Touristen aus. Aber auch diese waren ganz anders, als wir es gewohnt waren. Offensichtlich ist Darjeeling ein Urlaubsort fuer die gehobene Mittelschicht. Das war wirklich ein ungewohntes Bild – alle in westlich aussehenden Markensachen, mit dicken Uhren und dickem Portmonnaie... Komisch... Das hatte aber auch zur Folge, dass wir uns nirgendwo fuerchten mussten abgezockt zu werden, und keiner der Haendler wurde aufdringlich. Alles war einfach super entspannt, eine kleine Oase des Friedens im sonst so chaotisch-verrueckten Indien...

Prayer Flags im Dorje Ling Kloster
Vielleicht ging die friedliche Atmoshpaehre auch von den vielen Kloestern, und den darin hausenden buddhistischen Moenchen aus. Bisher hatten wir in Indien nur Orte besucht, in denen Hinduismus oder Islam vorherrschten. Aber hier war die Ausgeglichenheit, Ruhe und Freundlichkeit der tibetanischen Buddhisten deutlich zu spueren. Auch die traditionellen bunten Gebetsflaggen, die vielerorts verstreut hingen, trugen sehr zur Schoenheit und Magie des Ortes bei... Ich weiss zwar nicht viel ueber Buddhismus, aber zumindest den Menschen und Ritualen nach zu urteilen ist diese Religion mir wohl die Liebste. Ich habe mir auch direkt ein Buch des Dalai Lama gekauft . Mal sehen ob ich nun die Erleuchtung finde...


Essen

Besitzer des Beef-Restaurants
Und es gab nochetwas wozu wohl die ueberwiegend buddhistische Bevoelkerung beitrug, etwas was Tim’s Herz hoeher schlagen liess... Rindfleisch!!! Hahaha, tatsaechlich gab es ein kleines suesses Restaurant mit einem noch suesseren nepalesischem Paerchen, was eine ganze Speisekarte voll mit Beef-Gerichten anbot. Fuer Hindus sind die Kuehe ja heilig, denn sie glauben es koennte ihre Mutter sein. Deshalb toeten sie sie auch nicht – aber bei den Buddhisten scheint das wohl anders zu sein... Und wie lecker das war! Wir wurden direkt Stammgaeste, und die Jungs verschlungen hier obligatorisch 1-2 Beefburger taeglich :) Den meisten Kontakt mit den Einheimischen hatten wir generell beim Essen, entweder in kleinen selbstgefuehrten Restaurants, oder an Strassenstaenden. Nicht nur war das Essen dort oft spottbillig (unter 1 Euro), sondern wurde auch mit viel Liebe komplett frisch zubereitet, und mit einem aufrichtig warmen Laecheln serviert. Das Beef-Paerchen machte sogar taeglich seine eigene Wurst her, und arbeitete von morgens bis abends mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft... 

Und wir lernten auch wieder einen jungen Menschen mit grossen Visionen kennen. Shanu betrieb ein italiensich angehauchtes Restaurant, in dem er in dieser Woche die Dachterasse eroeffnete, und uns alle dazu einlud. Es gab witzig-kreative Gerichte wie Doppeldecker-Pizza oder Pizza-Wrap, und auch Classics wie hausgemacht Lasagne – und natuerlich Bier ;) Auch wenn das einheimische Essen meist spannender ist, ab und zu ist es doch ganz schoen etwas europaeisches zwischen die Zaehne zu bekommen. Und vor allem wenn die Besitzer so super tolle Menschen sind! Shanu konnte super Englisch, und erzaehlte uns von seinen Plaenen bald nach Neuseeland zu gehen, und wenn moeglich dort eine weitere Filialie seines „Chave Cosmos“ aufzumachen. Also, Augen auf wenn ihr bald ein italienisches Restaurant von einem Inder in Neuseeland findet :) Viel Glueck Shanu, du schaffst das !


Die sechs Freunde

Wow, eigentlich war die Uebernachtung auf dem Bahnhof bei Varanasi ja ein Gluecksfall! Nicht nur dass wir euch mal wieder eine kleine Story zu erzaehlen haben, wir hatten einfach eine geniale Woche zusammen. In so guter Gesellschaft hat selbst Tim das Wandern Spass gemacht! Muss ich mir jetzt vielleicht Sorgen machen? 

Eingequetscht im Taxi zum Happy Valley
Tea Tasting
Zu den gemeinsamen Erlebnissen unserer kleinen Bahnhof-Gang gehoerte u. A. ein Besuch der “Happy Valley” Teeplantage, wo der beruehmte Darjeeling-Tee oekologisch angebaut, geerntet und verarbeitet wird. Eigentlich hatten wir vor mit dem Taxi dort hin zu fahren, wie es uns von unserem Hotel empfohlen wurde... Der Lauf zum Taxistand war schonmal eine Wanderung fuer sich, da wir den falschen Weg eingeschlagen hatten. Endlich angekommen quetschten wir uns also zu 6. in ein Taxi, das wir stolz auf 10 Rupies pro Person (ca. 15cent) heruntergehandelt hatten. “Wow, das ist ja mal billig”, dachten wir noch. Der Platzmangel stoerte uns dabei nicht allzu sehr, “kann ja nicht so weit sein”, dachten wir. Fehlanzeige? Nein, diesmal hatten wir richtig gedacht. Allerdings rechneten wir nicht damit, dass das Taxifahrer  uns schon 500m spaeter mit einem breiten Grinsen wieder absetzen wuerde. “Here, it’s Happy Valley” !!! Tatsaechlich, da war der Eingang, vielleicht 5 Gehminuten vom Taxistand entfernt… Dududuuuu… Naja, gelohnt hat sich’s trotzdem, wir waren die ersten und bekamen so eine ‘exclusive’ Fuehrung durch die Fabrik, mit Tea-Tasting am Ende und einem netten Guide, der uns alles ueber das Leben auf der Teeplantage erzaehlte – inklusive der Blutfehden zwischen den Teebauern, die noch bis vor kurzem noch Gang und Gebe waren, bis einer stirbt. Und dass er seinen Job eigentlich gar nicht mag… Sehr ehrlich der Mann, das hat man nicht oft ;)



Unsere kleine Gang...

Eines abends entschieden wir uns, endlich unseren ersten Bollywood-Streifen im Kino anzusehen, “Barfi” – und wir liebten ihn!!! Alle! Auch die Jungs! Wirklich! Obwohl der Streifen in Hindi war haben wir eigentlich alles verstanden und wurden fuer 3 ganze Stunden blendend unterhalten… Die weiteren Abende verbrachten wir (ausser mit Beefburger Essen) oft mit ein paar Bierchen, Gitarre und genialen Kartenspielchen. Simon hatte diesbezueglich echt richtig was auf Lager, der gebohrene Entertainer ;) Ach, wir hatten echt eine tolle Zeit! Die drei Amerikaner haben uns mit ihrer super
... Simon darf natuerlich nicht fehlen!

lockeren, offenen und spassigen Art richtig Lust auf die US Westcoast gemacht. Wenn da wirklich alle so super gut drauf sind, muessen wir dort ganz schnell mal hin! Und Simon ist echt ein Ausnahme-Charakter! Er ist super schlau, sozusagen ein wandelndes Buch, mit Wissen ueber so ziemlich alles und jeden. Und das Beste, er kann einfach wahnsinnig spannend erzaehlen, egal ob es um eine Reise durch Usbekistan, oder die geschichtlichen Hintergruende des Linksverkehres geht ;) Gleichzeitig weiss er aber wie man Spass hat und ordentlich feiert – einer der grossartigsten Typen die wir je getroffen haben... Danke an euch Alle!!! Man sieht sich ja immer zweimal im Leben... (Oder oefter hoffentlich)...


Liebe Gruesse und bis bald ;)


 

Samstag, 13. Oktober 2012

Der Fluch von Varanasi



Varanasi - das 'Venedig' des Indiens
Da war er nun gekommen, der Tag unserer Abreise aus dem schoenen Rishikesh – und wir waren absolut bereit fuer das Abenteuer Varanasi. Die Stadt, in die die ganze (Hindu-)Welt kommt, um zu sterben. Oder sich beim rituellen Baden im Ganges ein besseres naechstes Leben zu sichern. Von allen Seiten hoerten wir gemischte Meinungen ueber den heiligsten aller Hindu Orte: “der beste Zwischenstop unserer Reise…, eine tolle spirituelle Erfahrung…, dreckig und stinkend…, nur Abzocker und falsche Menschen…”. Das versprach ja spannend zu werden. Wir waren fest entschlossen, dass man den Ort einmal sehen muss, an dem sich Leben, Glauben und Tod so nahe stehen, und direkt nebeneinander vor den Augen aller Oeffentlichkeit abspielen…



Die Zugfahrt: Die Pechstraehne beginnt…

Die 13-stuendige Zugfahrt schreckte uns nicht wirklich ab, schliesslich war sie ueber Nacht, und bisher war das immer sehr angenehm: (halbwegs) gemuetliche Schlafkojen, nette indische Familien um uns herum, abends einschlafen und morgens relativ ausgeschlafen an einem voellig neuen Ort ankommen. Das lief auch soweit ganz gut – bis zum Aufwachen… Aufgeregt und gespannt was der Tag so bringt stand ich auf und wollte mir die Zaehne putzen. Ich ruettelte Tim wach, da er den Rucksack mit den Zahnbuersten hat – dachte ich! “Wieso, den hast du doch” kam es da nur verschlafen von oben. “Nein, ich habe ihn nicht! Ich dachte du…”. Oh nein! Panik stieg empor. Unser Rucksack! Wo zum Teufel ist der hin? Nicht dass ich besorgt um die Zahbuerste war, nein, in diesem Rucksack befand sich unser Samsung Netbook!!! Und jetzt soll es weg sein? Nein, das geht doch gar nicht! Wie vom Blitz getroffen sprangen wir auf und durchsuchten das komplette Abteil, verfolgt von verwirrt dreinblickenden Indern… Und es war die bittere Wahrheit, unser Rucksack – samt Laptop – wurde geklaut! Wir koennen uns bis heute nicht erklaeren wie das passieren konnte… Dann kam unsere Station, angekommen in Varanasi. Aussteigen! Ich blieb bis zur letzten Minute im Zug stehen, ich wollte es einfach nicht wahrhaben, der Rucksack musste doch im Zug sein! Leider werde ich das nie herausfinden, und stolperte voellig ausgelaugt und ueberfordert aus dem Zug, in die sengende Hitze… Namaste Varanasi…


Und der Stress hoert nicht auf…




Nach dem Schock mit dem Laptop wollten wir nur noch eins: ab in das schoene Hotel, das wir uns herausgesucht hatten und erst einmal herunterkommen… Das ‘Ganpati Guesthouse’ sollte direkt am Ganges liegen, mit schoenen bunten grossen Zimmern mit Blick auf den Fluss, und einem tollen Innenhof und Dachterasse. Genau das richtige um Varanasi doch noch halbwegs gut zu beginnen. Leider fuhren die Tuktuks vom Bahnhof aus nicht bis in die Altstadt, da die Gassen zu eng und verwinkelt sind. Ca. 15 Minuten Fussweg durch einen Irrgarten, in dem uns alle 10 Meter ein neuer 
Blick von unserem Rooftop
Inder in sein Hotel schleppen wollte. Egal, Augen zu und durch, es duerfte sich ja lohnen… Endlich da! Und… alles ausgebucht!!! Neeeeeeeiiiiin…. Ok, daneben steht ja ein aehnlich schoenes Hotel – auch ausgebucht! Das gibt es doch nicht…. Ein Inder an der Rezeption versprach uns in ein anderes “really nice” Hotel zu bringen. Da uns zu diesem Zeitpunkt dann Alles recht war, folgten wir seinem schnellen Schritt, unter der Last unseres immer schwerer werdenden Gepaecks und voellig durchgeschwitzt… Die Strassen wurden dreckiger, und der Eingang und die Rezeption des ‘Pooja Guesthouse’ sahen nicht sehr einladend aus. Genauso wenig einladend waren die Zimmer. Zwar sauber, aber heiss, ein Mini-Fenster und ein steinhartes Bett, und dafuer ganz schoen teuer – ca. 10 Euro ;)) … Hmmm… und nun? Naja, das Rooftop Restaurant war wohl das hoechste in der Stadt (und es war wirklich schoen, nachdem man die 4 Stockwerke mit Schwindel und Atemnot hinter sich gebracht hat). Also blieben wir…


Eindruecke von Varanasi: Drecksloch oder doch irgendwie schoen?

Hindus beim morgendlichen reinwaschen im Ganges
Also wir muessen sagen, wir haetten Schlimmeres erwartet. Die kleinen Gassen der Altstadt beherbergten (wie gewohnt) suesse kleine Shops, die Haendler priesen (wie gewohnt) ihre Ware an, Hindus tummelten sich (wie gewohnt) vor ihren kleinen Tempeln… Gut, ab und zu kamen auch die etwas stechenden Gerueche und Muell-Haeufchen zum Vorschein – wie gewohnt. Die Stadt war also nicht grossartig dreckiger als irgendwo sonst, wo es eben eine Altstadt mit engen Gassen gibt… Hmmm, schon mal eine ganz positive Ueberraschung…



Ganga Aarti
Dafuer gab es dann eine Enttaeuschung bei etwas, bei dem wir uns sicher waren, dass es ein einmaliges Erlebnis waere: Das traditionelle ‘Ganga Aarti’ – ein kraftvolles mystisches religioeses Ritual, das jeden Abend am Main Ghat (Ghat = Badestellen, Stufen die in den Ganges fuehren) zum Sonnenuntergang stattfand. Einer der Touristenmagnete Varanasis. Priester wuerden in Kostuemen ein Schauspiel mit Feuer, Gebet und Tanz auffuehren… Na das musste doch gut werden… Hmmm… Also entweder sassen wir auf der falschen Seite, oder die Goetter hatten gerade einen schlechten Tag und keine Lust uns zu begeistern. Eine halbe Stunde lang passierte erstmal gar nichts, ausser dass uns ein Bootsmann zum 100sten mal versuchte in sein Boot zu locken. Die anderen Touristen um uns herum waren ebenfalls enttaeuscht, was uns wenigstens versicherte, dass wir keine ignoranten Kulturbanausen waren… Ein kleines Highlight kam dann doch: die groesste Kuh (oder war es ein Bulle?), die ich je gesehen habe kam ploetzlich von unten die Treppen hochgestuermt! Waaaaaah, Alles sprang zur Seite, und… schade, ruckzuck war sie verschwunden und es wurde wieder langweilig ;) Wahrscheinlich haben wir einfach den falschen Tag erwischt…


Eine krasse, Varanasi-spezifische Erfahrung, die man nicht so richtig einordnen konnte, war unser Besuch am ‘Burning Ghat’ – eine der beiden Stellen am Ganges, wo tote Menschen in aller Oeffentlichkeit verbrannt werden! Beim Gedanken daran schauderte es uns doch ein wenig… Aber angucken mussten wir uns das trotzdem einmal. Wir entschieden uns dabei fuer das kleinere, nicht so touristische Burning Ghat. Von dem anderen Haupt-Verbrennungsort hatten wir viele Negativ-Stories gehoert ueber falsche Priester, die sich auf Touristen stuerzen und sie fuer die “Best Views” abzocken wollen… “Best Views” auf brennende tote Koerper, Abzocker am Sterbeort, und 100erte weisse Touristen mit klickenden Fotoapparaten – das war uns dann doch zu makaber… Als wir uns dem kleinen Ghat naeherten, wurden wir ploetzlich von einem Inder zur Seite geschubst: “Please, Madam, Sir, make some space”. Verbluefft drehten wir uns um: eine kleine Kolonne bewegte sich schnellem Schrittes auf uns zu, auf den Schultern einen umhuellten, mit Blumen geschmueckten Leichnam auf einer Trage… Brrrrr… Angekommen am Ghat kam direkt ein kleiner Mann auf uns zu, der uns anwies uns die Zeremonie von einem kleinen Vorsprung aus anzusehen, da die Stufen nur fuer Angehoerige waren. Gut, dachten wir, wenigstens noch ein bisschen “Privatsphaere” fuer die Familie… Der Koerper wurde zuerst im Ganges gewaschen, dann auf einer Art Scheiterhaufen aufgebahrt und angezuendet… Wir blickten auf die anderen beiden, schon laenger brennenden Haufen, bei einem konnte man die menschlichen Konturen erkennen… BBBBRRRRRRRR…. Nach 5 Minuten bat man uns dann zu gehen, was wir natuerlich respektierten und auch gerne taten…


Bootsfahrt zu Sonnenaufgang
Ein weiteres obligatorisches Erlebnis fuer Varanasi war eine Bootsfahrt zum Sonnenaufgang. Einer der Hotelangestellten wollte sich darum kuemmern. Also hiess es am letzten Morgen um 5:00 Uhr raus aus den Federn! Eigentlich wollten wir die Fahrt schon am Vortag machen, allerdings dachten wir mit 5:30 Uhr waere abends gemeint, und trafen spaeter auf einen verwunderten Bootsmann, der sich fragte wo wir denn waren :) Bloed gelaufen... 



Wir gingen diesmal also punktpuenktlich nach unten – alles war dunkel, die Hotelangestellten schliefen auf dem Boden, das Tor war verschlossen… Ploetzlich sprang ein Angestellter auf, und bat uns noch auf 2 andere Hotelgaeste zu warten… dann ging es los! Am Steg angekommen sollten wir dann auf einmal getrennt auf 2 Booten fahren… ???... Na klar, der wollte mehr Kohle von uns! Der Preis gilt schliesslich per Boot… Ha, aber nicht mit uns! Wir weigerten uns alle vier hartnaeckig, der Hotelangestellte wurde immer zickiger, aber gab dann am Ende doch nach… So nicht mein Freund! Die Bootsfahrt war dann wirklich endlich mal ein Traum!!! Die Sonne ging auf und erstrahlte in einem kraeftigen Pink, man sah die tollen alten Gebaeude (Varanasi ist eine der aeltesten Staedte der Welt), und die Hindus die sich froehlich im heiligen Wasser badeten und beteten. Ist doch viel besser als sich in die kalte dunkle Kirche zu hocken, oder?


Fazit: Magische Stadt mit schlechter Mentalitaet



Auch wenn es also in Varanasi durchaus schoene Seiten gab: Die generelle Mentalitaet verunstaltet das Ganze so ein bisschen. Vom ersten Tag an bemerkten wir, dass die Haendler aggressiver und aufdringlicher waren als sonst. Man fuehlte sich permanent eingeengt, und musste staendig auf der Hut sein dass man keinem Schwindler zum Opfer faellt. Die ganze Stadt ist verwebt in ein einziges grosses Fangnetz fuer Touristen, jeder erhaelt von irgendjemandem irgendeine Art von Kommission, wenn er irgendeine Ware/ Dienstleistung an den Mann bringt. Natuerlich ist nicht jeder Einheimische von grundaus schlecht. Wir haben auch wieder ein paar super nette Inder getroffen, denen wir voll und ganz trauen konnten. Aber auch die waren mit dem Verhalten ihrer Mitbuerger nicht einverstanden und beklagten, dass diese den Ruf ihrer Stadt verunstalteten. 

Ein paar Beispiele:

Unsere Bootsmaenner
1. Die Bootsmaenner, die uns weismachen wollten, dass eine Fahrt nun 600 Rupies pro Person (statt 150!) kosten sollte, da das Wasser im Ganges nun hoeher steht und man deshalb 3 Ruderer braucht statt 1… Na klar…

2. Der Tabla-Lehrer (Tabla ist eine traditionelle indische Trommel), bei dem wir fuer den naechsten morgen Tabla-Unterricht fuer 2 gebucht hatten: Wir mussten im Voraus bezahlen (ich weiss, selbst Schuld) und am morgen fiel ihm ein, dass er nur 1 Tabla hatte, und fragte ob nicht einer von uns Sitar lernen wollte… Und beigebracht hat er uns dann auch nicht viel, weil er eigentlich gar keine Lust hatte…

3. Der Typ, bei dem wir unsere Zugtickets nach Darjeeling gebucht hatten: Nicht nur hatte er uns den 18:30 Uhr Zug fest zugesichert, der sich dann doch in 21:20 Uhr verwandelte… Seine Komission von 150 Rs. insgesamt, wurde dann ploetzlich zu 150 Rs. pro Person… Ganz nebenbei erfuhren wir spaeter, dass der Zug gar nicht von Varanasi, sondern vom 1 Stunde entfernten Mughal Sarai abfaehrt! Oh Mann….

Was mich aber stets noch mehr auf die Palme brachte als die Betruegerei an sich, war dass jeder immer jegliche Schuld von sich wies, und am besten noch versuchte, sie uns in die Schuhe zu schieben. Jeder fuehlte sich sofort angegriffen wenn man ganz normal fragte: “Warum hast du das denn nicht eher gesagt”… Dem wurde geschickt ausgewichen mit Dingen wie “There is no train from Varanasi to Darjeeling” – “Ja, das wissen wir nun, aber warum hast du uns das denn nicht vorher gesagt????”


Versuch der Stadt zu entfliehen

Nach einer selbst organisierten Busfahrt fuer ca. 20 cent (statt der 30mal so teuren Tuktuk-Fahrt, die uns der Zugtyp anbot) kamen wir stolz am Bahnhof Mughal Sarai an, bereit das Kapitel Varanasi hinter uns zu lassen… Als wir in die Halle traten, trafen wir ploetzlich auf Simon – ein sehr netter und lockerer Neuseelaender, den wir kurz in Varanasi getroffen hatten. Wir hatten bereits Emails ausgetauscht, da er einen Tag frueher als wir ebenfalls nach Darjeeling reisen wollte… Aber warte mal – was macht er denn dann noch hier??? Wir fanden schnell heraus, dass Simon etwas Aehnliches passiert war wie uns, nur hatte er etwas weniger Glueck: Auch er wusste nicht, dass der Zug nicht von Varanasi faehrt, und fand es erst raus als es schon zu spaet war. Wieder einer ins Varanasi-Netz getappt… Aber dieses mal meinte es das Schicksal auf irgendeine Weise doch gut, denn wenigstens waren wir in netter Gesellschaft :) 

Das Team vom Bahnhof Mughal Sarai
Ha, das Schicksal meint es gut? In (oder bei) Varanasi? Hahaha… Wir blickten auf die Anzeige, und was wir neben unserem Zug sahen war unfassbar: 8 Stunden Verspaetung??? Neeeeeeiiiin! Das durfte doch alles nicht wahr sein… Wir liefen aufgeregt ueber den Bahnhof, in der Hoffnung dass es noch einen anderen Zug gaebe – gab es natuerlich nicht… Wir mussten uns wohl mit einer Uebernachtung am Bahnhof anfreunden – fuer Simon nun schon der zweite Tag Verzug! Da hat sich das Schicksal dann doch gedacht, dass es ein wenig hart mit uns umgegangen war, und schickte uns drei super nette und witzige Amerikaner: Sienna, Adina und Carl aus Seattle. Auch diese drei waren auf dem Weg nach Darjeeling und sassen fest. So beschlossen wir, alle zusammen zu bleiben, und vertrieben uns die Zeit mit Bierchen, spannenden travel stories und israelischen Kartenspielen. Wir schafften es sogar auch ein paar Stuendchen zu schlafen (der eine mehr, der andere weniger)… Leider war auch nach 8 Stunden die Wartezeit noch nicht vorbei: noch 2 Stunden mehr. Na gut, macht jetzt den Braten auch nicht mehr fett… Jetzt los? Nein, nochmal 2 Stunden – OK, was soll’s. Nach geschlagenen 18 Stunden sassen wir dann endlich alle zusammen im Zug, gluecklich und gespannt was wir alle zusammen in Darjeeling erleben werden… Und ihr duerft auch gespannt sein ;)

Freitag, 5. Oktober 2012

Rishikesh - Entspannung, Yoga und viel Essen...




Hmmmm... ein Pilger-Ort am Fusse des Himalayas, nahe dem Ursprung des Ganges, und die Geburtstaette des Yoga, in der die Beatles 1968 einen Monat im Ashram verbracht hatten... Das klingt doch mal nach entspannter Hippie-Atmosphaere :)


 


Ankunft

Nach einer (tatsaechlich) sehr angenehmen 17stuendigen Zugfahrt kamen wir in Haridwar an (ca. 1 Bus-Stunde von Rishikesh entfernt). Also so langsam sind wir echt drin im flow of India: Wir haben ganz allein direkt die Busstation gefunden haben, ohne uns grossartig mit den zahlreichen Tuktuk-Fahrern herumschlagen zu muessen. Dass die Busstation nur 100 m vom Bahnhof entfernt war ist dabei ja mal nebensaechlich. Allerdings gab es dann doch noch eine kleine Herausforderung: Herauszufinden wo unser Bus abfaehrt. Einfach nachfragen funktioniert in Indien naemlich nicht so richtig. Inder Nr. 1 schickt uns zu Busstand 17, dort angekommen sagt Inder Nr. 2 „Rishikesh? Noooo, not here, other side“. Dann Inder Nr. 3: „Yes, I know where, come with me“. Wieder Fehlanzeige. Egal, wir waren entspannt, gutgelaunt und hatten Zeit, und irgendwann wird man ja dann doch zum richtigen Bus geschliffen, wenn er schon fast am losfahren ist...


Mama’s Cottage


Ausblick von unserem Balkon
Nach erfolgreich gemeisterten Bus- und Tuktukfahrt kamen wir im Backpacker-Viertel „Highbank“ an. Beim Aussteigen empfing uns direkt eine kleine aeltere indische Dame und wollte uns in ihr Guesthouse locken. Sie war wirklich zuckersuess, aber wir wollten doch eigentlich in das Guesthouse gegenueber... Hmm... Die kleine Dame sagte uns, das dies ausgucht waere und wir doch lieber zu ihr kommen sollten. Wir wollten uns aber selbst ueberzeugen – und sie hatte recht... Also liessen wir uns dann doch bei der niedlichen Frau in „Mama’s Cottage“ nieder. Die beste Entscheidung unseres Lebens! Zimmer zum
Spottpreis, gross und mit warmen, orange gestrichenen Waenden, und ein
riesiger Balkon zur einen, und Blick zum Ganges auf der anderen Seite. Zudem kommt die knuddelige Besitzerin, Mama (so wollte sie stets genannt werden).
Und sie war auch so eine richtige kleine indische Mama – Keine Angst ihr beiden
Muetter daheim, euch kann keiner das Wasser reichen ;) „Mama“ begruesste
uns stets mit einem warmen Laecheln und wollte uns bekochen: „Come, Mama make nice dinner, eh“. Ihre Gaeste nannte sie „Son“ (Sohn), oder eben „Daughter“ (Tochter). Sie versuchte uns auch mit ihrem koestlichen „Banufia Pia Cake“ – oder besser bekannt als Banoffee Pie ;) - zu locken. „And sometimes Mama has beer also”(verschmitztes Laecheln bei Mama und Freudestrahlen bei Tim)...


Eindruecke von Rishikesh


Shiva-Statue an den heiligen Badestellen
Wow! Rishikesh war genau das Richtige nach den Abenteuern und Strapazen von den Staedten und der Wueste von Rajasthan… Vom ersten Moment an fuehlten wir uns verzaubert von diesem tollen Ort, umrandet von satt gruenen Bergen und geteilt durch den heiligen Fluss Ganges. Die zahlreichen Ashrams, Tempel und Badestellen, sowie die sich durch die Strassen und Maerkte schlaengelnden Pilger 

Chotiwala - Maskottchen eines Restaurant

und die bunt angemalten Hindu-Priester verliehen dem Ort eine echt magische Atmosphaere. Von ueberall ertoente Musik oder religioese Sprechgesaenge. Und man konnte dort Alles lernen bzw. erleben was gut fuer Koerper und Geist ist: Yoga, Meditation Ayurveda, Massagen, traditionelle indische Musikinstrumente (Tabla, Flute oder Sitar), oder auch indische Koch- oder Sprachkurse... 

Reisterassen auf dem Weg zu einem Wasserfa
Fuer den Ausgleich zwischen Entspannung und Adrenalin sollte es eigentlich Rafting, Kayaking und Bungee Jumping geben – Wow, dachten wir, Rafting auf dem Ganges! Das waer ja mal was... Leider hat uns der verspaetete Monsun einen Strich durch die Rechnugn gemacht, und alles was Action-gepackt ist und Spass macht war wegen Regengefahr bis auf den Tag gestrichen, an dem wir abgereist sind... Naja, vielleicht war das ja besser so, bei dem Haywoodschen Glueck und Geschick bei neuen Adventure Sportarten :)









Living Life Good...

Obwohl es sich nicht so sehr wie das Indien anfuehlte das wir bisher kannten, fanden wir den Mix aus den Hindupilgern, Backpackern und Aussteigern richtig toll und mal eine gute Abwechslung. Alles war so entspannt... Und ein grosser Vorteil der vielen westlichen Touristen war: das Essen!!! Zwar ist es uns eigentlich schon lieber traditionelles einheimisches Essen zu probieren, aber
Lemon-Mint Nana
nach den ganzen oeligen, salzigen kulinarischen Eskapaden in Rajasthan war Rishikesh eine absolute Wohltat! Unsere Lieblingsspeisen: Bruschetta auf knusprigem braunen Brot mit einem Berg von Tomaten, Zwiebel und Knoblauch; Israelische Falafel und Hummus Sandwiches – und das beste Getraenk ueberhaupt: „Lemon-Mint Nana“, eine Art alkoholfreier Mojito-Slush aus frischer Minze und Zitrone... Yum! 



Ich mit meinem Yogi
Und unser suesses Leben geht weiter: Ich bin tatsaechlich jeden morgen 2 Stunden zum Yoga gegangen. Das war echt eine Erfahrung, sozusagen direkt an der Quelle. Der Yoga-Lehrer war der Hit, mit seiner hohen nasalen Stimme, und seinem gesaeuselten, gebrochenem Englisch! Hahaha... Aber ich hab mir das Lachen gut verkniffen und alles sehr ernst genommen, und es tat wirklich richtig gut! Einmal kam Tim sogar mit!!! Ja, wirklich, ich erzaehl keine Maerchen! Haha, aber einmal hat ihm dann doch gereicht. Schade, und ich dachte ich koennte ihn zu seinem inneren Frieden fuehren :) Naja, Tim hat sich dann seinen ganz eigenen inneren Frieden gekauft: eine Gitarre! Endlich!! Und was fuer ein schoenes Stueck. Hoffentlich uebersteht sie die Reise. Und mal wieder ein Beweis wie Musik verbindet: kaum sass er auf dem Balkon und fing an zu spielen, gesellte sich ein Israeli zu ihm, Tom. Tom spielte ebenfalls Gitarre, und beide sassen von nun an oft zusammen und hielten kleine Jam Sessions ab...


Die Israelis

A pro pos Israelis... Die haben hier ja mal einen kleinen Abschnitt verdient. Denn ausser Tom gab es davon hier gefuehlte 1000. Egal wo man hinkam, die meisten weissen Gesichter waren aus diesem kleinen Konflikt-gepraegtem Land. Waehrend meines Studiums las ich oft darueber, dass junge Israelis traditionell nach den 2-3 Jahren (!) Wehrdienst – den Jungs UND Maedchen absolvieren muessen –eine laenger Auszeit nehmen und backpacken. Kann ihnen ja auch nicht wirklich jemand veruebeln. Allerdings ist ihr Verhalten dabei oft sehr fragwuerdig. Tom war da echt eine Ausnahme, und bestaetigte uns die Geruechte, dass Israelis immer in Gruppen reisen und Kommunen bilden, in denen kein Nicht-Israeli willkommen ist. Bloss kein Kontakt mit Anderen, und schon gar nicht mit Einheimischen. Ausser natuerlich im Restaurant oder Hotel, wo sie die Angestellten nach Strich und Faden schikanieren. Manchmal war es echt hart nichts zu sagen, wenn die wirklich super netten Kellner, die dort einen fantastischen Job machten, wegen Nichtigkeiten heruntergeputzt wurden... Man kann ja verstehen, dass nach der harten Zeit in der Armee der Drang gross ist, zu tun und zu lassen was man will, ohne sich an Regeln zu halten... Aber irgendwo gibt es eben auch Grenzen... Zudem waren die Israelis Schuld, dass es seit 2 Wochen in Rishikesh kein Bier mehr gab, da sie ihre Party’s und Exzesse zu bunt getrieben haben –  die Schweine!

(WICHTIG: Bitte beachtet, dass wir natuerlich nicht auf alle Israelis schliessen. Mit Sicherheit gibt es viele tolle, offene und nette Menschen da. Dies sind nur die Eindruecke aus Rishikesh.)


Unsere Einfuehrung ins Juwelier-Business
 
Der Tag unserer Abreise: Die Rucksaecke waren gepackt und wir wollten sie gerade in Mama’s Kammer verstauen, als uns ein Inder (wohl um die 50) ansprach. Es kam das Uebliche „Where are you from” und wir dachten uns noch nicht viel dabei. Als er hoerte dass wir aus Deutschland sind, begann er eine rege Unterhaltung mit uns, in ungewohnt gutem Englisch. Er sagte er sei oft in Deutschland, aus geschaeftlichen Gruenden. Das machte uns neugierig. Wir akzeptierten seine Einladung auf einen Chai (Tee mit Milch) und er erzaehlte uns, dass er ein Schmuckhaendler ist, der stets auf Geschaeftsreise durch die ganze Welt ist. Gerade kam er aus Myanmar, wo er die meisten rohen Steine kauft, und dann in Deutschland, Frankreich, Japan und dem Mittleren Osten fuer viel Geld an den Mann bringt. Er war unheimlich stolz auf seinen Beruf, und nahm uns mit in sein kleines abgeschottetes Zimmer, denn er wollte uns unbedingt seine „Schaetze“ von Nahem zeigen. Er oeffnete einen Koffer mit
Ich mit einer echten (und schweren) Rubin-Kette... Neeee danke
hunderten funkelnden Edelsteinen, zeigte uns Rubine, Saphire, Smaragde usw. und erklaerte uns wie der Hase so laeuft im Juwelen-Geschaeft. Und das Ganze ohne ernsthafte Absichten uns etwas verkaufen! Na gut, er hat es dann doch mal kurz versucht uns fuer eine (wirklich schoene) Kette einen “Freundschaftspreis”zu machen ;) Er lachte aber sofort und sagte “I’m sorry, it’s my business I have to...”. Danach erklaerte er uns viel ueber Indien, ueber gesellschaftliche und politische Probleme... Es war toll das alles mal aus dem Munde eines gebildeteten und relativ wohlhabenden Mannes zu hoeren. Zum Schluss lud er uns noch zu seiner Familie nach Delhi ein, falls wir es auf dem Rueckweg schaffen. Das war echt mal eine ganz andere „Real India“ Erfahrung in diesem sonst eher wenig-indischem Ort...


Baden im Ganges!

Bevor wir abreisten mussten wir noch einen ganz wichtigen Punkt erledigen: einmal Baden im heiligen Ganges! Denn der ist hier wirklich sauber, nur ein bisschen grau vom sandigen Boden, der das Wasser aber in einen super schoenen Glitzer huellte… Ich wollte jedoch nicht an den Badetreppem in der Stadt baden, sondern lieber ein Stueckchen laufen, in Richtung der schoenen, einsamen weissen Straende, die wir zuvor bei einem Rollerausflug von weitem gesehen hatten. Tim ist ja kein grosser Fan von „einfach drauf los laufen und gucken was kommt“. Aber nach anfaenglichem Protest konnte ich ihn dann doch ueberreden... denn alleine wollte er schliesslich auch nicht baden J Und da hat sich das loslaufen, ohne genau das Ziel zu kennen doch mal richtig gelohnt, oder? Ein traumhaft weisser Strand, den noch 4 andere Touristen entdeckt hatten und schon froehlich im heiligen Fluss herum plantschten. Zugegeben, die Stroemung ging schon ganz schoen ab. Aber solange man stehen konnte war es kein Problem. Jetzt sind wir also reingewaschen von all unseren Suenden ;)

Dann kann die naechste Zugfahrt nach Varanasi ja kommen – Gottseidank muessen wir dann dort nicht nochmal ins Wasser (Gemisch aus Leichen, Abfall und wer weiss was)... Entspannte Gruesse und bis bald... Namaste