Hmmmm... ein
Pilger-Ort am Fusse des Himalayas, nahe dem Ursprung des Ganges, und die
Geburtstaette des Yoga, in der die Beatles 1968 einen Monat im Ashram verbracht
hatten... Das klingt doch mal nach entspannter Hippie-Atmosphaere :)
Ankunft
Nach einer
(tatsaechlich) sehr angenehmen 17stuendigen Zugfahrt kamen wir in Haridwar an
(ca. 1 Bus-Stunde von Rishikesh entfernt). Also so langsam sind wir echt drin
im flow of India: Wir haben ganz allein direkt die Busstation gefunden haben,
ohne uns grossartig mit den zahlreichen Tuktuk-Fahrern herumschlagen zu muessen.
Dass die Busstation nur 100 m vom Bahnhof entfernt war ist dabei ja mal
nebensaechlich. Allerdings gab es dann doch noch eine kleine Herausforderung:
Herauszufinden wo unser Bus abfaehrt. Einfach nachfragen funktioniert in Indien
naemlich nicht so richtig. Inder Nr. 1 schickt uns zu Busstand 17, dort
angekommen sagt Inder Nr. 2 „Rishikesh? Noooo, not here, other side“.
Dann Inder Nr. 3: „Yes, I know where, come with me“. Wieder Fehlanzeige. Egal, wir waren entspannt,
gutgelaunt und hatten Zeit, und irgendwann wird man ja dann doch zum richtigen
Bus geschliffen, wenn er schon fast am losfahren ist...
Mama’s Cottage
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Ausblick von unserem Balkon |
Nach erfolgreich
gemeisterten Bus- und Tuktukfahrt kamen wir im Backpacker-Viertel „Highbank“
an. Beim Aussteigen empfing uns direkt eine kleine aeltere indische Dame und
wollte uns in ihr Guesthouse locken. Sie war wirklich zuckersuess, aber wir
wollten doch eigentlich in das Guesthouse gegenueber... Hmm... Die kleine Dame
sagte uns, das dies ausgucht waere und wir doch lieber zu ihr kommen sollten.
Wir wollten uns aber selbst ueberzeugen – und sie hatte recht... Also liessen
wir uns dann doch bei der niedlichen Frau in „Mama’s Cottage“ nieder. Die beste
Entscheidung unseres Lebens! Zimmer zum
Spottpreis, gross und mit warmen,
orange gestrichenen Waenden, und ein
riesiger Balkon zur einen, und Blick zum
Ganges auf der anderen Seite. Zudem kommt die knuddelige Besitzerin, Mama (so
wollte sie stets genannt werden).
Und sie war auch so eine richtige kleine
indische Mama – Keine Angst ihr beiden
Muetter daheim, euch kann keiner das
Wasser reichen ;) „Mama“ begruesste
uns stets mit einem warmen Laecheln und wollte
uns bekochen: „Come, Mama make nice dinner, eh“. Ihre Gaeste nannte sie „Son“
(Sohn), oder eben „Daughter“ (Tochter). Sie versuchte uns auch mit ihrem
koestlichen „Banufia Pia Cake“ – oder besser bekannt als Banoffee Pie ;) - zu locken. „And sometimes Mama has beer
also”(verschmitztes Laecheln bei Mama und Freudestrahlen bei Tim)...
Eindruecke von Rishikesh
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Shiva-Statue an den heiligen Badestellen |
Wow! Rishikesh
war genau das Richtige nach den Abenteuern und Strapazen von den Staedten und
der Wueste von Rajasthan… Vom ersten Moment an fuehlten wir uns verzaubert von
diesem tollen Ort, umrandet von satt gruenen Bergen und geteilt durch den heiligen
Fluss Ganges. Die zahlreichen Ashrams, Tempel und Badestellen, sowie die sich
durch die Strassen und Maerkte schlaengelnden Pilger
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Chotiwala - Maskottchen eines Restaurant |
und die bunt angemalten
Hindu-Priester verliehen dem Ort eine echt magische Atmosphaere. Von ueberall
ertoente Musik oder religioese Sprechgesaenge. Und man konnte dort Alles lernen
bzw. erleben was gut fuer Koerper und Geist ist: Yoga, Meditation Ayurveda,
Massagen, traditionelle indische Musikinstrumente (Tabla, Flute oder Sitar),
oder auch indische Koch- oder Sprachkurse...
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Reisterassen auf dem Weg zu einem Wasserfa
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Fuer den Ausgleich zwischen
Entspannung und Adrenalin sollte es eigentlich Rafting, Kayaking und Bungee
Jumping geben – Wow, dachten wir, Rafting auf dem Ganges! Das waer ja mal
was... Leider hat uns der verspaetete Monsun einen Strich durch die Rechnugn
gemacht, und alles was Action-gepackt ist und Spass macht war wegen Regengefahr
bis auf den Tag gestrichen, an dem wir abgereist sind... Naja, vielleicht war
das ja besser so, bei dem Haywoodschen Glueck und Geschick bei neuen Adventure
Sportarten :)
Living Life Good...
Obwohl es sich
nicht so sehr wie das Indien anfuehlte das wir bisher kannten, fanden wir den
Mix aus den Hindupilgern, Backpackern und Aussteigern richtig toll und mal eine
gute Abwechslung. Alles war so entspannt... Und ein grosser Vorteil der vielen
westlichen Touristen war: das Essen!!! Zwar ist es uns eigentlich schon lieber
traditionelles einheimisches Essen zu probieren, aber
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Lemon-Mint Nana |
nach den ganzen oeligen,
salzigen kulinarischen Eskapaden in Rajasthan war Rishikesh eine absolute
Wohltat! Unsere Lieblingsspeisen: Bruschetta auf knusprigem braunen Brot mit
einem Berg von Tomaten, Zwiebel und Knoblauch; Israelische Falafel und Hummus
Sandwiches – und das beste Getraenk ueberhaupt: „Lemon-Mint Nana“, eine Art
alkoholfreier Mojito-Slush aus frischer Minze und Zitrone... Yum!
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Ich mit meinem Yogi |
Und unser suesses
Leben geht weiter: Ich bin tatsaechlich jeden morgen 2 Stunden zum Yoga
gegangen. Das war echt eine Erfahrung, sozusagen direkt an der Quelle. Der
Yoga-Lehrer war der Hit, mit seiner hohen nasalen Stimme, und seinem
gesaeuselten, gebrochenem Englisch! Hahaha... Aber ich hab mir das Lachen gut
verkniffen und alles sehr ernst genommen, und es tat wirklich richtig gut!
Einmal kam Tim sogar mit!!! Ja, wirklich, ich erzaehl keine Maerchen! Haha,
aber einmal hat ihm dann doch gereicht. Schade, und ich dachte ich koennte ihn
zu seinem inneren Frieden fuehren :) Naja, Tim hat sich dann seinen ganz eigenen
inneren Frieden gekauft: eine Gitarre! Endlich!! Und was fuer ein schoenes
Stueck. Hoffentlich uebersteht sie die Reise. Und mal wieder ein Beweis wie
Musik verbindet: kaum sass er auf dem Balkon und fing an zu spielen, gesellte
sich ein Israeli zu ihm, Tom. Tom spielte ebenfalls Gitarre, und beide sassen
von nun an oft zusammen und hielten kleine Jam Sessions ab...
Die Israelis
A pro pos
Israelis... Die haben hier ja mal einen kleinen Abschnitt verdient. Denn ausser
Tom gab es davon hier gefuehlte 1000. Egal wo man hinkam, die meisten weissen
Gesichter waren aus diesem kleinen Konflikt-gepraegtem Land. Waehrend meines
Studiums las ich oft darueber, dass junge Israelis traditionell nach den 2-3
Jahren (!) Wehrdienst – den Jungs UND Maedchen absolvieren muessen –eine
laenger Auszeit nehmen und backpacken. Kann ihnen ja auch nicht wirklich jemand
veruebeln. Allerdings ist ihr Verhalten dabei oft sehr fragwuerdig. Tom war da
echt eine Ausnahme, und bestaetigte uns die Geruechte, dass Israelis immer in
Gruppen reisen und Kommunen bilden, in denen kein Nicht-Israeli willkommen ist.
Bloss kein Kontakt mit Anderen, und schon gar nicht mit Einheimischen. Ausser
natuerlich im Restaurant oder Hotel, wo sie die Angestellten nach Strich und
Faden schikanieren. Manchmal war es echt hart nichts zu sagen, wenn die
wirklich super netten Kellner, die dort einen fantastischen Job machten, wegen
Nichtigkeiten heruntergeputzt wurden... Man kann ja verstehen, dass nach der
harten Zeit in der Armee der Drang gross ist, zu tun und zu lassen was man
will, ohne sich an Regeln zu halten... Aber irgendwo gibt es eben auch
Grenzen... Zudem waren die Israelis Schuld, dass es seit 2 Wochen in Rishikesh
kein Bier mehr gab, da sie ihre Party’s und Exzesse zu bunt getrieben haben
– die Schweine!
(WICHTIG: Bitte
beachtet, dass wir natuerlich nicht auf alle Israelis schliessen. Mit
Sicherheit gibt es viele tolle, offene und nette Menschen da. Dies sind nur die
Eindruecke aus Rishikesh.)
Unsere Einfuehrung ins Juwelier-Business
Der Tag unserer
Abreise: Die Rucksaecke waren gepackt und wir wollten sie gerade in Mama’s
Kammer verstauen, als uns ein Inder (wohl um die 50) ansprach. Es kam das
Uebliche „Where are you from” und wir dachten uns noch nicht viel dabei.
Als er hoerte dass wir aus Deutschland sind, begann er eine rege Unterhaltung
mit uns, in ungewohnt gutem Englisch. Er sagte er sei oft in Deutschland, aus
geschaeftlichen Gruenden. Das machte uns neugierig. Wir akzeptierten seine
Einladung auf einen Chai (Tee mit Milch) und er erzaehlte uns, dass er ein
Schmuckhaendler ist, der stets auf Geschaeftsreise durch die ganze Welt ist.
Gerade kam er aus Myanmar, wo er die meisten rohen Steine kauft, und dann in
Deutschland, Frankreich, Japan und dem Mittleren Osten fuer viel Geld an den
Mann bringt. Er war unheimlich stolz auf seinen Beruf, und nahm uns mit in sein
kleines abgeschottetes Zimmer, denn er wollte uns unbedingt seine „Schaetze“
von Nahem zeigen. Er oeffnete einen Koffer mit
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Ich mit einer echten (und schweren) Rubin-Kette... Neeee danke |
hunderten funkelnden Edelsteinen,
zeigte uns Rubine, Saphire, Smaragde usw. und erklaerte uns wie der Hase so
laeuft im Juwelen-Geschaeft. Und das Ganze ohne ernsthafte Absichten uns etwas
verkaufen! Na gut, er hat es dann doch mal kurz versucht uns fuer eine (wirklich
schoene) Kette einen “Freundschaftspreis”zu machen ;) Er lachte aber sofort und sagte “I’m sorry,
it’s my business I have to...”. Danach erklaerte er uns viel ueber Indien,
ueber gesellschaftliche und politische Probleme... Es war toll das alles mal aus
dem Munde eines gebildeteten und relativ wohlhabenden Mannes zu hoeren. Zum
Schluss lud er uns noch zu seiner Familie nach Delhi ein, falls wir es auf dem
Rueckweg schaffen. Das war echt mal eine ganz andere „Real India“ Erfahrung in
diesem sonst eher wenig-indischem Ort...
Baden im Ganges!

Bevor wir abreisten mussten wir noch einen ganz wichtigen Punkt erledigen: einmal Baden
im heiligen Ganges! Denn der ist hier wirklich sauber, nur ein bisschen grau
vom sandigen Boden, der das Wasser aber in einen super schoenen Glitzer huellte…
Ich wollte jedoch nicht an den Badetreppem in der Stadt baden, sondern lieber ein
Stueckchen laufen, in Richtung der schoenen, einsamen weissen Straende, die wir
zuvor bei einem Rollerausflug von weitem gesehen hatten. Tim ist ja kein
grosser Fan von „einfach drauf los laufen und gucken was kommt“. Aber nach
anfaenglichem Protest konnte ich ihn dann doch ueberreden... denn alleine
wollte er schliesslich auch nicht baden J Und da hat sich das loslaufen, ohne genau
das Ziel zu kennen doch mal richtig gelohnt, oder? Ein traumhaft weisser
Strand, den noch 4 andere Touristen entdeckt hatten und schon froehlich im
heiligen Fluss herum plantschten. Zugegeben, die Stroemung ging schon ganz
schoen ab. Aber solange man stehen konnte war es kein Problem. Jetzt sind wir
also reingewaschen von all unseren Suenden ;)
Dann kann die
naechste Zugfahrt nach Varanasi ja kommen – Gottseidank muessen wir dann dort
nicht nochmal ins Wasser (Gemisch aus Leichen, Abfall und wer weiss was)...
Entspannte Gruesse und bis bald... Namaste