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Kolkata by night vom 10. Stock |
Unser
Abstecher in die zweitgroesste Stadt Indiens war eigentlich nicht geplant, denn
der Ruf Kolkata’s ist ja nicht der beste (bekannt fuer seine vielen Slums).
Aber nachdem uns Simon (unser Reisekumpan aus Darjeeling) erzaehlt hatte wie
lecker dort das Essen ist, mussten wir zwei Foodies uns das doch einmal
anschauen. Praktischerweise hat es uns auch den weiten Weg vom hohen Norden
nach Mumbai aufgeteilt. Und es hat sich gelohnt…
Die ersten Schritte im Grossstadtdschungel…
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Taxi, Taxi ;) |
Am Bahnhof
von Kolkata erwartete uns ersteinmal etwas sehr sehr Ungewohntes: eine Reihe
von… Taxis! Also, ich meine so richtige Taxis. Wo sind denn die ganzen Tuktuk’s
hin? Hmmm… Okay, dann also mal wieder Auto fahren. Wir handelten einen
zufriedenstellenden Preis aus, und ab ging die Fahrt ins Backpacker ‘Ghetto’
(laut Lonely Planet) Sudder Street. Jetzt aber mal ehrlich Herr und Frau Lonely
Planet, man kann es jetzt auch uebertreiben… Zugegeben, wir haben uns dort schon
ziemliche Abstellkammern angeschaut, aber die haben eben auch nur 2-3 Euro die
Nacht gekostet, also perfekt fuer den richtig krassen Budget-Traveller… Wir
haben uns aber dann doch lieber dazu entschieden uns mal etwas besseres zu
goennen, und fanden in der gleichen Gegend das ‘Galaxy Hotel’, ein gemuetliches
Guesthouse mit einem riesigen, blitzeblank sauberen Zimmer und ganz witzigen
aelteren indischen Herrschaften als Besitzer… Das fing schon einmal gut an…
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Menschenmassen quetschen sich in einen Shop... und es ist nur ein Klamottenladen!!! Also nicht der Kickstart des neuen iPhones oder so... crazy |
Spaeter
stuerzten wir uns direkt ins Getuemmel vom ‘New Market’, der direkt bei uns um
die Ecke war… Ihr dachtet Shopping in der letzten Woche vor Weihnachten wer
stressig und ueberfuellt? Ha, na dann kommt mal an einem beliebigen Wochentag
zum New Market in Kolkata! MenschenMASSEN ueberall!!! Von allen Seiten schubste
es, und die Leute zertraten sich fast um einen Fuss in eines der tausend fancy
Geschaefte zu setzen… Krass! Und neben den fancy Geschaeften gab es auch noch einen
Irrgarten von Shopping Malls, ueberdachten Maerkten, und unendlich viele
Strassenstaende, die alle so ziemlich das Gleiche verkauften… Puh! Also die
Bewohner von Kolkata scheinen ihr Geld viel und gerne auszugeben. Von ueberall
blinkte Werbung und leuchteten Kinoplakate, und es gab unzaehlige Coffee Shops,
Mc Donald’s & Co und Bars oder Pubs… Jaja, Kolkata wird wohl nicht umsonst
die “City of Joy” genannt…
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Alles voll Werbung... und Spiderman am Geruest im Hintergrund |
Die Bruecke des Schreckens…
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Der Hooghly River, der durch Kolkata fliesst |
Nachdem wir
uns die ganze Pracht der britischen Kolonialbauten angeschaut haben – Kolkata
war zunaechst der Hauptsitz der englischen Kolonialmaechte – wollten wir dann
doch mal wieder etwas indisches sehen. Wir brachen also auf Richtung “Mullik
Ghat”, eine heilige Badestelle fuer Hindus, neben der sich einer der groessten
Blumenmaerkte Asiens befindet. Die Metrofahrt dorthin meisterten wir ohne
grosse Probleme. Es macht einen doch immer ein klein bisschen stolz wenn man so
ganz selbstverstaendlich in oeffentliche Verkehrsmittel steigt :) Von der Station aus waren es noch
ca. 30 Minuten Fussmarsch entlang einer riesigen, mit Strassenhaendlern
gesaeumten Allee. Und dann – endlich da, ein Torbogen truf die Aufschrift
‘Mullik Ghat’. Der Himmel hatte sich inzwischen ganz still und heimlich mit
dichten grauen Wolken zugezogen… “Egal, es regnet ja eh immer nur ein paar
Minuten”, dachten wir… Vor uns war eine lange Schlange von Hindus, die sich
alle auf einer winzig kleinen Bruecke stauten, die wohl der einzige Uebergang
zum Ghat zu sein schien. “Willst du dich da jetzt echt anstellen?!”, grummelte
Tim. Natuerlich wollte ich das, schliesslich sind wir nicht umsonst so weit
gefahren! Hm… Manchmal sollte ich wohl lieber auf das Grummeln meines Freundes
hoeren ;)
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So haben wir uns nach der Bruecken- Action gefuehlt... |
Wir standen
bereits ganz oben auf der Bruecke, voellig eingequetscht zwischen den Indern,
als es ploetzlich begann zu schuetten wie aus Eimern! Nichts ging mehr, weder
vor noch zurueck, noch zur Seite… Doch, nach vorne ging es dann, Alles schubste
sich mit Wucht in Richtung der Stufen die von der Bruecke hinabfuehrten. Ich
versuchte dagegen zu halten, denn obwohl ich auch nach unten wollte, wollte ich
lieber laufen als fallen! Aaaah, Stop! Ein Gefuehl von Platzangst stieg in mir
empor und irgendwie dachten wir direkt an die eingequetschten Leute von der
Loveparade vor 2 Jahren… Gottseidank hatten wir dann doch mehr Glueck und kamen
unversehrt, aber voellig durchnaesst und geschwaecht auf der anderen Seite an…
Und es regnete immer noch in Stroemen! Da es so nicht wirklich Spass machte den Hindus beim Beten zuzuschauen, oder die zermatschten
Blumen zu sehen, wollten wir nur noch eins: Schnell zurueck!!! Pitschnass
vesuchten wir also ein Taxi zu bekommen – und kein einziges hielt an!! Gibt’s
das denn?! Normalerweise werden wir alle 100 Meter angequatscht “Taxi, taxi,
Tuk Tuk, Indian Helicopter”…. Und jetzt??? Nix… Ok, also hiess es dann eben doch
laufen, und uns eine endlose halbe Stunde (oder mehr) durch Menschenmassen und
Bazaare schlaengeln. Naja, wenigstens draengelten die Leute diesmal weniger –
wahrscheinlich wollten sie sich nicht an uns nass machen :) Ein super netter Tee-Verkaeufer
waermte uns zwischendurch mit einem brodelnden Chai (Tee mit Milch) auf – dann
war auch alles nur noch halb so schlimm und wir stiegen endlich in die
(eiskalte, klimatisierte) U-Bahn…
Kulinarische Highlights
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Und rein mit dem Reis mit Sosse! Yum |
Hmmmmm,
also Simon hatte bezueglich des leckeren Essens nicht zuviel versprochen! Wir
hatten dort mit Abstand das beste Streetfood, und auch die kleinen
einheimischen Restaurants waren toll! Das Beste: Man durfte dort Alles mit den Fingern essen (auch den Reis!), Besteck gab es gar nicht. Super, endlich das machen, was Mutti frueher immer verboten hat :) Zuerst fuehlt es sich echt seltsam an mit der
nackten Hand in den Reis zu tauchen, aber nach ein zwei mal macht es enorm
Spass! Besonders den Reis mit der Sosse zu vermatschen, und dann... ab in den Mund! Ein tolles Erlebnis sein Essen vorher zu fuehlen, das erweitert die Sinne
und es schmeckt 100mal besser… Und die bengalische Kueche war koestlich, anders als traditionell indische Gerichte: Immer noch gut
scharf, aber gemischt mit einer leichten Suesse. Und es war viel
leichter, die Sossen nicht so reichhaltig und oelig, dass man sich mit Mitte 20 schon Sorgen um sein Herz machen muss. Und es gab ueberall Fisch (Suesswasser) und Shrimps! Yum!
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An unserem Lieblingsstand - der Koch brutzelt gerade unsere Kimchee Noodles |
Aber das
groesste Highlight war mal wieder das Streetfood! Und davon gibt es in Kolkata
reichlich, schliesslich ist die ganze Stadt eine einzige Zusammenreihung aus
Bazaaren und Strassenhaendlern… Es war so spannend sich einfach nur durch die verschiedenen
Staende zu ‘snacken’! Ueberall gab es etwas Neues, und fuer den Geldbeutel war
es natuerlich auch gesund – die meisten kleinen Gerichte kosteten nicht mehr
als 30 – 50 cent. Gut, fuer eine richtige Mahlzeit musste man dann schon tiefer
in die Tasche greifen und bis zu 1 Euro bezahlen ;) Direkt um die Ecke von
unserem Hotel fanden wir dann auch schnell unseren Stammstand, an dem
wir jeden Abend gegessen haben. Tim’s absolutes Favourite dort waren gebratene
Nudeln mit Kimchee – traditionell koreanisch eingelegter, sehr scharfer
Weisskohl. (Da es so viele Chinesen und Koreaner gibt die nach Kolkata reisen,
ist das Essen auch entsprechend darauf abgestimmt). Die Besitzer des Standes
waren auch mal wieder super! Unser grosser Tip: Das Essen ist die
einfachste und schoenste Art in direkten Kontakt mit Einheimischen zu kommen,
besonders wenn man eben immer wieder kommt…
Der geilste Studiengang der Welt
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Das ist .... nicht Josh ;) nur einer der lustigen Typen vom Food-Stand wo wir ihn getroffen haben |
Das Essen
ist nicht nur der beste Weg Einheimische kennenzulernen, sondern auch andere
Traveller. Eines Abends sassen wir an unserem Lieblings-Streetfood Stand und
haben Josh getroffen, einen Amerikaner, der Teaching-Assistant bei der coolsten
Uni der Welt ist! Sie ist in Kalifornien und bietet ein kulturelles Studium an,
das 5 Monate reisen durch 10 verschiedene Laender beinhaltet! Wie bitte? Das
ist ja wohl mal richtig genial! Die Studenten reisen quasi um die ganze Welt,
u.a. eben auch Indein. In jedem Land haben sieca. 2 Stunden Vorlesung, und dann
machen sie Freiwilligendienst in lokalen Hilfsorganisationen. So lernen sie Sprache,
Kultur, Religion etc. hautnah kennen und arbeiten mit tollen Projekten zusammen.
Wow! Mit 40 Leuten um die ganze Welt, wenn das nicht mal heftig ist… und am
Ende hat man auch noch einen tollen Abschluss, der einen in der heutigen
Gesellschaft wohl weit bringen duerfte… Da muesste man mal mehr darueber
herausfinden, so etwas gehoert definitiv auch nach Deutschland!
Und noch mehr nette Begegnungen…
Am letzten
morgen – wir waren wieder einmal beim Essen – lernten wir noch Hermann und
Dagmar kennen. Die zwei sind ein froehliches und aufgeschlossenes
Lehrer-Ehepaerchen aus Muenchen. Obwohl da natuerlich ein gewisser
Altersunterschied vorhanden war, haben wir uns toll mit ihnen unterhalten. Sie
befinden sich gerade auf einer 1-jaehrigen Weltreise!!! Wow! Sie hatten viele
spannende und witzige Stories fuer uns auf Lager… Haha, und Tim hat sich ein
wenig in Hermann wieder gefunden, und ich mich in Dagmar: Die Maenner motzen
ueber die Hitze und lange Fussmaersche, und die Frauen ueberreden sie dann
irgendwie doch :) Und
die beiden haben uns zu einer grossartigen Erkenntnis gebracht: Laengere und
abenteuerliche Reisen wie diese gehoeren nicht der Vergangenheit an sobald man
Kinder bekommt und im Berufsleben steckt! Die beiden sind stets ihrem
Backpacker-Stil treu geblieben, auch als die Kinder dann da waren. Zwei gute
Vorbilder sind das, da kann es ja bald losgehen mit der Familienplanung ;)
Kolkata – unser Fazit…
Wir lieben
Kolkata! Dafuer dass es ein ungeplanter Zwischenstop war, entpuppte es sich
doch als eine meiner Lieblingsstaedte. Es dauert zwar eine Weile, und am Anfang
ist man von den vielen Menschen etwas erschlagen, aber nach ein bis zwei Tagen
mochten wir diesen Grossstadtwirbel sehr gern. Man hat einen guten Mix aus
moderner Metropole und indischem Trubel. Es gibt zwar natuerlich arme Menschen,
und auch ein paar reiche, aber die meisten Leute auf der Strasse befinden sich
in der gesunden Mitte – und das hat man nicht oft in Indien…
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Immer am Laecheln und stolz auf sein Essen... |
Kolkata ist
nicht sehr touristisch, die meisten ‘Weissen’ die hier her kommen bleiben
einige Zeit, fuer ein Praktikum oder Volunteering, oder eben fuer laenger zum
Leben und Arbeiten… Zuerst hatte man auch den Eindruck, dass die Einheimischen
Touristen nicht so sehr moegen, und die ersten 2 Tage waren ziemlich
anstrengend… Aber vielleicht war das auch unsere Muedigkeit und Planlosigkeit :) Denn dann realisierten wir, wie
freundlich eigentlich alle sind, und wir haben tolle Menschen getroffen. Jeder,
den man nach dem Weg fragte, war immer wahnsinnig hilfsbereit. Die Verkaeufer
von den Food stalls waren so herzlich und auch immer sehr stolz auf ihre Arbeit.
Alle behandeln einen zuvorkommend auf eine (gefuehlt) sehr sehr ehrliche Weise,
was unser Herz fuer die Inder nach Erfahrungen wie Varanasi um einiges hoeher
schlagen liess :) Danke Kolkata….
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