Da wir inzwischen
schon wieder weitergewandert sind, gibt es nun schnell die naechste Story…
Unser Kurztrip in die Wuestenstadt Bikaner sollte unser bisher praegendstes
Erlebnis im Bezug auf das „echte Indien“ werden…
Ankunft in Bikaner – Vino’s Guesthouse
Tims gemuetlichste schlaf position |
Nach einer sehr
(SEHR) holperigen 7-stuendigen Busfahrt sprangen wir erleichtert (und
unversehrt) aus dem Bus. Hinein ins naechste Abenteuer: Kamelsafari mit
Uebernachtung in der Wueste! Ueber unsere beiden treuen Begleiter „Lonely
Planet“ und „Trip Advisor“ sind wir auf „Vino’s Guesthouse“ gestossen. Vino,
der Besitzer, ist so etwas wie der Kamel-Guru in Bikaner, seit 20 Jahren im
Geschaeft und die Bewertungen versprachen nur Gutes. Gleichzeitig bietet er billige
Uebernachtung in seinem grossen Haus an. „Klingt super“, dachten wir, endlich
mal bei einer echten indischen Familie wohnen, mit leckeren hausgemachtem Essen
von Mama und viel Herzlichkeit und Gastfreundschaft… Als wir ankamen oeffnete
uns Vino’s Sohn die Tuer, starrte uns nur apathisch an, sagte kein Wort. Eine
Frau stand in der Kueche, sagte kurz Hallo, aber das war’s. Hm… und nun? Da
oeffnete Vino’s juengste Tochter die Tuer, sagte nur kurz und abgehackt „Come,
I show you room“. Ein Laecheln? Fehlanzeige. Vielleicht ist sie ja noch
schuechtern? Leider falsch gedacht. Ohne Witz, in jedem Hotel zuvor fuehlten
wir uns mehr willkommen als hier! Es erschien uns eher als ob sie von unserer
Anwesenheit genervt waren. Kein Hallo, kein Laecheln, Nix! Der Einzige der dann
doch richtig nett und gastfreundlich war, war Vino selbst. Bloederweise war er
so gut wie nie da. Zwar blieben wir nach einigem Zoegern doch die 2 Naechte da,
aber auch nur weil es billig war, und unser Trip in die Wueste eh im
Vordergrund stand.
Kurze Eindruecke von Bikaner
Wie ruhig die waren kein schreien nur gucken |
Direkt bei
unserem ersten Trip ins Stadtzentrum ist uns aufgefallen, dass Bikaner vom
westlichen Tourismus noch sehr abgeschottet ist, zumindest im Moment. Wir waren
so ziemlich die einzigen weissen Gesichter, die auf den Strassen herumirrten.
Alle Inder schauten uns dementsprechend hinterher, waren aber nicht wirklich
aufdringlich. Die Haendler schrien uns nicht staendig hinterher, keiner
versuchte uns etwas aufzuschwatzen, und alles war echt spottbillig! Sowas wie
doppelte – oder auch mal 10-fache – Touristenpreise gab es hier nicht. Obwohl
wir die Stadt an sich nicht so spannend – und viel zu heiss – fanden, war das
doch mal ein angenehmer Wechsel…. Stop! Eigentlich haben uns die Einheimischen
doch die ganze Zeit angequatscht. Aber nicht um uns etwas zu verkaufen, sondern
nur um zu fragen „Hellooo! Whot iss yo name? Which country?“, oder „Can
I help you? Where you going? I tell
you way”… Verdammt nett, und auch lustig wenn sie mitten auf der Strasse mit
ihrem Motorrad anhielten und den ganzen Verkehr behinderten, nur um uns kurz
anzusprechen. Aber trotzdem auch immer noch seltsam…
Das Abenteuer Wueste beginnt
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Unser Guide Harphool (Den in der mitte kenn ich nicht ;) |
Nach einer
unruhigen Nacht im steinharten Bett ging es nun also endlich los in die Wueste.
Als wir beim Fruehstueck sassen wurde es mir ploetzlich etwas mulmig. Nicht nur
dass wir die einzigen Teilnehmer waren, auch das ganze Ambiente im Guesthouse
verunsicherte mich doch stark. Hatten wir uns wirklich den richtigen Anbieter
ausgesucht? Dann kam hinzu, dass unser Guide nicht der coole junge Inder sein
sollte, der uns am Vortag die Safari schmackhaft gemacht hat, sondern ein
(relativ) alter Mann mit schiefen Zaehnen und ziemlich gebrochenem Englisch.
Meine Vorfreude war schlagartig dahin. Tim versuchte mich aufzubauen und
ueberzeugte mich schliesslich (halbwegs), erstmal abzuwarten. Und er sollte
Recht behalten….
Mogli aka Camelman Tochter |
Bereits waehrend
der rasanten (ca. 1-stuendigen) TukTuk-Fahrt zum Dorf der Camelmen
(Kamel-Fuehrer) fing ich an Harphool (unseren Guide) zu moegen. Er erinnerte
mich ein wenig an den Affen von Koenig der Loewen. Sein Lachen war auf jeden
Fall aehnlich und sehr ansteckend. Unsere erste Station war das Haus des einen Kamelmannes.
Eigentlich sollte es ja direkt weiter gehen, nur kurz die Kamele und den Wagen
schnappen und ab… Haha, haben wir das wirklich geglaubt? Nein natuerlich nicht,
wir kennen die indischen Zeitangaben schon gut genug. So warteten wir ca. 1 Stunde,
die aber schnell verging, denn die Tochter des Camelmans hat uns gut auf Trab
gehalten! Sie kam direkt lachend auf mich zugerannt, sprang um mich herum,
zeigte mir den Hof, und begutachtete mich und meine Sachen. Sie wollte Alles einmal
ansehen und anfassen, dann rannte sie wieder los, kam wieder zu mir und so
weiter. Ein absolutes Energiebuendel! Tim fand, dass sie aussah wie Mogli J Das spannendste fuer sie war unser
Fotoapparat, den ich ihr gern fuer ein paar Minuten ueberliess, und mit dem sie
das ganze Haus und die Familie fotografierte. Hahaha, was ein Spass anzugucken…
Dann zog sie also
los, unsere kleine Karawane. Sie bestand aus einem Kamel zum darauf Reiten, und
einem das den grossen Karren zog, der voll beladen war mit Wasser, Proviant,
allem was wir fuer das Nachtlager brauchten – plus den zwei Kamelfuehrern,
Harphool und Tim! Ich fand es zuerst schade, dass wir nicht beide ein Kamel zum
Reiten hatten, aber Tim hat sich doch sehr gefreut – Kamelreiten ist wohl
ziemlich schmerzhaft fuer Maenner! Harphool amuesierte sich koestlich darueber:
„Hahaha, pain on coconut? Hahaha…“ So lustig wie es war, haben wir uns dann doch
Sorgen um die Kinderplanung gemacht, deshalb war ich also die meiste Zeit auf
dem Kamel, schliesslich wird bei mir nur der Hintern blau J Aber mir hat es nach einer Weile wirklich
Spass gemacht! Man hatte sich mit dem Rhythmus des Kamels „eingegrooved“ und
schaukelte so dahin, durch die Hitze und die Stille der Wueste…
Wuestenleben hautnah
Um das Ganze
einmal zusammen zu fassen: Unsere 2 Tage in der Wueste mit Harphool und unseren
beiden Camelmen waren einfach einmalig und unvergesslich! Man muss dazu sagen
dass die Thar-Wueste nicht aus den grossen Sandduenen der Sahara, sondern ist –
eher aehnlich wie Steppe – auch mit vielen Straeuchern und dornigen Baeumen
versehen. Das tut aber der ganzen Atmosphere keinen Abbruch. Man reitet
stundenlang durch diese ewige Weite, sieht Antilopen vorbeispringen und lernt
durch Harphools grosses Wissen alles ueber die Bewohner der Wueste (Tiere und
Menschen). Und man hoert nichts ausser das Traben des Kamels und das Klappern
des Karrens, und… das innbruenstige Ruelpsen, Schleim-Hochziehen und Rumspucken
der Kamelmaenner! Hahaha, das ist dort eben alles back to nature, lass alles
raus, kratz dich wo es dich juckt, und befrei dich von allem was dich bedrueckt :)
Das wird mal ein leckeres stangen zuchini kuerbis curry gedoens |
Eines der
Highlights war fuer uns definitiv das Zubereiten des Mittag- und Abendessens.
Auf unserem Karren hatten wir einen grossen Sack mit lauter frischem,
selbstangebautem Gemuese, welches dann mit ordentlich Zwiebeln, Knoblauch und
Chili angebraten, und mit 3 verschiedenen Pulvern versehen wurde. Tim hat immer
ordentlich mitgemacht und ich wurde von den Maennern bekocht. Verkehrte Welt
fuer die Inder J Das Beste
war, dass wir lernten unsere eigenen Chapathis (indisches flaches Brot) zu
machen. Alles wurde ganz frisch aus einfachsten Zutaten innerhalb kuerzester
Zeit zubereitet und ueber einem Feuer aus Wuestenholz gekocht. Abgewaschen
wurde dann mit dem Wuestensand! Und das funktioniert tatsaechlich!
Die Nacht
Einer der Camelman beim chay kochen |
Gegen 17 Uhr
erreichten wir unser Nachtlager. Wow, was fuer ein grossartiger Platz! Sand,
Duenen, aber auch ein riesiges gruenes Feld um uns herum, und eine
Wasserstelle, in der sich die Bueffel abkuehlten. Und wieder einmal wurden wir begleitet
von einer Gruppe von Wuestenkindern. Sie blieben lange bei uns sitzen (immer
auf ca. 10 Meter Entfernung) und schauten uns einfach nur an. Hier ein
schuechternes Laecheln, da ein verschmitztes Grinsen… So suess und unschuldig,
aber auch voller Neugier… Harphool bot uns an ein Zelt fuer uns aufzubauen, was
wir aber dankend ablehnten. Entweder ganz oder gar nicht! Wir wollten genau wie
unsere Guides im Sand unter dem freien Sternenhimmel schlafen… Naja, diesen
Plan haben wir dann doch abgewandelt als uns Harphool erzaehlte dass es
Schlangen uns Skorpione gibt! Deshalb konnten wir auch kein Lagerfeuer machen.
Er sagte, die Tierchen „schlafen“ zur Zeit (Monsunzeit) tief untem im Sand,
aber durch die Waerme wuerden wir sie aufwecken… Hmm… Eigentlich sind wir uns
ja sicher dass er uns da ein bisschen verarscht hat. Aber sicher ist sicher,
also entschieden wir uns fuer Option 3 und schliefen unter freiem Himmel, aber
auf dem Kamelwagen J Wow, was fuer ein einmaliges Erlebnis! Wir haben
beide noch nie so viele Sterne am Himmel gesehen! Das war einfach unglaublich,
und wir lagen direkt unter der Milchstrasse. Ein Traum…
Alles in allem
fuehlten wir uns nach diesem Abenteuer der Wueste und seinen Bewohnern sehr
nah. Gleichzeitig sind wir jetzt aber auch reif fuer etwas Urlaub in Rishikesh…
Aber das ist eine neue Geschichte…
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